Kommerz statt Solidarität

betr.: Jobs rar, Babys rar“, „Rentenwurf nimmt Hürde“, taz vom 26. 9. 00

Die Meldungen passen: Männer im Westen beziehen 60 Prozent, im Osten 42 Prozent mehr Rente als Frauen. Nach dem Rentenkonzept der Regierung wird das nicht besser, im Gegenteil.

Frauen müssen für die Privatvorsorge mehr zahlen als Männer. Solidarische Elemente in der Versorgung sind nun mal die Sache privater Rentenversicherer nicht. Aber genau zu einer privaten Rentenversicherung will Rot-Grün uns nunmehr alle „aktivieren“ (wie der Zwang zur Vorsorge nett umschrieben wird). Aus Angst vor Altersarmut auf den Kapitalmarkt – und befreit von der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Lasst uns die Unternehmer im Namen des Mythos „zu hohe Lohnnebenkosten“ von dieser Fessel befreien. [...] Und wer mehr will als eine ärmliche Grundversorgung, muss halt privat finanzieren. Und das kommt nun wieder Frauen teurer zu stehen. Was leben sie auch länger! Solidarische, emanzipatorische Politik? Fehlanzeige. Ein Systemwechsel heute in der Rentenversicherung, morgen in der Gesundheitsvorsorge? Gibt es noch Grenzen für diese tabulosen „Reformer“ des Sozialstaates?

DIRK BRÄUER, Köln

So ist das eben, wenn man Solidarität durch Kommerz ersetzt!

Da Frauen länger leben, müssen sie mehr in die private Rentenversicherung zahlen als Männer, oder sie bekommen für den selben Sparbetrag weniger ausgezahlt. Frauen verdienen weniger als Männer, machen fast die ganze Teilzeitarbeit und sind weitaus häufiger erwerbslos, aber in die private Altersvorsorge sollen sie mehr zahlen.

Vor einigen Wochen noch ein Schimmer von Einsicht bei Minister Riester, dass das ungerecht sei, aber dann jaulen die Versicherer einmal auf, und weg ist der Schimmer. Genauso, wie wir per Gesetz den Versicherern zugetrieben werden, muss es doch wohl möglich sein, diejenigen, die den Reibach machen, zu gleichen Tarifen für Frauen und Männern zu zwingen. Der einfachste Weg: staatliche Förderung gibt es nur für Unisextarife. [...]

INGE V. BÖNNINGHAUSEN, Deutscher Frauenrat