Lindenstraße, Altona

■ „Wir haben vergessen zurückzukehren“: Fatih Akins Familien-Feature

„Dieses Land hat überhaupt keine Vorurteile gehabt gegenüber Ausländern“, behauptet der Chef von Mustafa Akin, hinter sich ein Porträt von Ronald Reagan, „in der damaligen Zeit wenigstens...“. Es sind die 70er Jahre, als die Akins nach Hamburg kommen und „Ausländer wurden mit offenen Armen aufgenommen“. Warum man so gastfreundlich war, weiß der Chef auch: „Es kam ja keiner herüber, der nur darauf aus war, Stütze zu bekommen.“ Hinzuzufügen wäre vielleicht, dass auch niemand erwartete, weder Inländer noch Ausländer, dass ein Teil bleiben, aus dem Übergang ein Niederlassen werden sollte; was als Zwischenstation geplant war, wurde Zuhause.

Regisseur Fatih Akin (Kurz und Schmerzlos, Im Juli) porträtiert in dem TV-Feature Wir haben vergessen zurückzukehren seine Familie zwischen Deutschland und der Türkei. Sie lebt in Hamburg, Istanbul und Zonguldak am Schwarzen Meer. Biografien des Gehens, Kommens und Bleibens, Geschichten und Anekdoten von beruflichem Erfolg, vom Spagat zwischen den Kulturen, von Brüchen im Leben, von Emanzipation. Der Vater erlaubt der Mutter den Deutschkurs nicht, ihr Gefühl nutzlos zu sein, weicht erst 1978, als türkische Lehrer gesucht werden und Akins Mutter durch den Beruf befreit, sich „wie neugeboren, wie ein Schmetterling fühlt“.

Und die zweite Generation? „Ich komm aus Hamburg-Altona“, erklärt Fatih und schreibt mit dem Film ganz persönliche Geschichte: „Dass ich meinen Kindern – die werden wahrscheinlich deutscher sein als ich, angenommen sie haben eine rein deutsche Mutter – irgendwann mal zeigen kann: Das sind eure Großeltern.“

Das, was die Kinder vielleicht mal zu sehen bekommen, ist ziemlich rund, warmherzig und ein Ausflug in die ganz individuelle Lindenstraße. Konflikte kommen, Konflikte gehen und gemeinsam gefeiert wird in „unserm Lokal“, das Freund Adam (der Costa aus Kurz und schmerzlos) übernommen hat. Adam bringt Griechenland hierher und wir fühlen uns ein bisschen wie bei Sarikakis...

Tim Gallwitz

Sa und So, 17.15 Uhr, Zeise