Bahn entgleisen

■ Schleswig-Holstein will Schienennetz übernehmen und Fahrpreise senken

Schleswig-Holsteins Landtag hat gestern die Bundesregierung aufgefordert, der Deutschen Bahn das Monopol für das Schienennetz zu entziehen. SPD und Grüne argumentierten, ein freier Wettbewerb im Schienenverkehr sei unmöglich, solange die Bahn die Schienen verwalte. Die Hauptstrecken sollten analog zum Straßennetz vom Bund und den Ländern übernommen werden sollten. Auch der SSW unterstützte den Antrag.

Die CDU erklärte, sie könne den Antrag zwar gut verstehen, lehne ihn aber wegen der neuen Risiken für Schleswig-Holstein ab. Die FDP beharrte darauf, weiterhin „gegen eine Verstaatlichung des Schienennetzes“ zu sein.

Zuvor hatte der grüne Fraktionschef und Verkehrsexperte Karl-Martin Hentschel auf einer Pressekonferenz geschäumt, es sei „eine Frechheit“ der Bahn, das Einstellen von Fernverkehrslinien öffentlich zu verkünden, obwohl die Gespräche mit dem Kieler Verkehrsminis-terium noch nicht abschlossen seien. Hentschel erneuerte seinen Vorschlag, die Trassenstruktur aus der Bahn auszugliedern. Mit dem Fortfall des Schienennetzmonopols würden die Preise allein für Schleswig-Holstein auf ein Drittel sinken. Zurzeit fielen in Schleswig-Hol-stein jährlich mehr als 200 Millionen Mark an Trassenkosten an.

Effizienter könnte der Fernverkehr werden, wenn ein Fernzug sich beispielsweise in Hamburg in zwei Halbzüge trennen und auf zwei Strecken gleichzeitig nach Norden weiterfahren würde. „Das Gefühl, im Intercity zu fahren, ist entscheidend.“ Die Finanzierung sollten die Bahn und das Land mit seinem Anteil für den Regionalzug übernehmen.

Die Bahn hatte angekündigt, mehrere Interregio-Verbindungen von Hamburg nach Norden stillzulegen oder erheblich einzuschränken, darunter die Strecken nach Lübeck, Kiel, Westerland und via Flensburg nach Dänemark (taz berichtete).

Heike Sudmann vom Regenbogen bezeichnete gestern die Pläne als „falsches Signal“. Angesichts der gestiegenen Benzinpreise solle die Bahn lieber „mit einer Ausweitung und Verbesserung ihres Angebots neue KundInnen gewinnen“. Sinnvoll sei es, „die Bahn von der Mehrwertsteuer zu befreien und sie an den Einnahmen aus der Ökosteuer zu beteiligen“. lno/taz