Familienrecht
: Richter: Die Väter haben Chancen

■ Ein Interview mit dem Bremer Familienrichter Rolf Meinken

Am 1. Juli 1998 verabschiedete der Bundestag das neue Kindschaftsrecht, das gerade für Väter eine Verbesserung ihrer Rechtsposition bedeutet. Dennoch sehen sich viele Väter weiterhin gegenüber den Müttern vor Gericht benachteiligt. In Bremen hat sich aus diesem Grund die Selbsthilfegruppe „Forum Väter“ gegründet. Die taz befragte Familienrichter Rolf Meinken zum Thema.

taz: Väter beschweren sich, sie hätten vor Gericht keine Chancen, dass ihnen das Aufenthaltbestimmungsrecht für ihren Nachwuchs zugesprochen wird.

Rolf Meinken: Das ist überhaupt nicht zutreffend. Es mag zwar sein, dass die Statistik belegt, dass die meisten Kinder nach einer Trennung bei der Mutter leben. Das hängt aber meines Erachtens nicht mit der Rechtsprechung zusammen. Das ist die soziale Wirklichkeit, die dort eine Rolle spielt. Die meisten Elternpaare treffen die Übereinkunft, dass die Frau sich mehr als der Mann um die Erziehung und die Betreuung der Kinder kümmert. Es gibt zwar auch andere Fälle, aber in der Regel ist das so. Wir sind immer noch nicht weg von dem alten Modell.

Unter welchen Umständen wird einem Vater das Kind zugesprochen?

Das kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Es kommt darauf an, was dem Wohl des Kindes entspricht. Nehmen wir mal an, ein Elternteil, egal ob verheiratet oder nicht verheiratet, erzieht gemeinsam mehrere Kinder. Die Frau ist diejenige, die für den Broterwerb sorgt und der Mann ist der Hausmann und kümmert sich in erster Linie um Haushalt und Kinder. Dann hat er denke ich mal ziemlich gute Karten, dass ihm die Kinder zugesprochen werden. Wenn denn überhaupt eine Entscheidung erforderlich ist.

Welche Rolle spielen denn die Gutacher in dem ganzen Verfahren?

Die Gutachter brauchen wir nur, wenn wir keine hinreichenden Anhaltspunkte haben, um festzustellen, was dem Wohl des Kindes entspricht. Ein Beispiel: Wir haben ein Elternpaar, bei dem dem Anschein nach beide gute Voraussetzungen haben, die Kinder zu erziehen und bei dem man auch auf Anhieb nicht erkennen kann, ob die Kinder eine stärkere Beziehung zu der einen oder anderen Partei haben. In solch einem Fall holen wir uns sachverständigen Rat.

Stehen denn die Chancen des Elternteils, für den sich der Gutachter ausspricht, im Endeffekt besser?

Das hat schon einen gewissen Einfluss. Es ist nicht so, dass hundertprozentig immer so entschieden wird, wie der Gutachter sagt. Aber wenn man das statistisch untersuchen sollte, kommt man wahrscheinlich auf einen sehr hohen Prozentsatz, bei dem einer Empfehlung des Gutachters oder der Gutachterin entsprochen wird. Oder die Leute einigen sich in diesem Sinne.

Man hört immer wieder von üblen Szenen vor Gericht - da wird sich gegenseitig verleumdet - nicht gerade „zum Wohle des Kindes“.

Was zu üblen Szenen führt ist eigentlich nur, wenn die Eltern ihre Beziehung nicht aufgearbeitet haben, sie nicht im Griff haben. Die meisten Streitigkeiten sind weniger im Kindeswohl begründet als in der fortdauernden Auseinandersetzung zwischen den Eltern.

Fragen: vv