Fair Trade trotz hohem Ölpreis

Opec-Gipfel in Caracas fordert niedrigere Energiesteuern und prangert Schulden der Entwicklungsländer an

BUENOS AIRES taz ■ Die Organisation Ölexportierender Länder (Opec) schiebt den Steuern in den Industrieländern die Schuld für den hohen Ölpreis in die Schuhe. In der Abschlusserklärung der ersten Versammlung von Opec-Regierungschefs seit 25 Jahren in Caracas heißt es: „Die exzessive Besteuerung von Erdölerzeugnissen in den großen Verbraucherstaaten trägt den größten Anteil am Endpreis für den Verbraucher.“

In der Erklärung von Caracas fordert die Opec, dass die Hauptkonsumländer die Steuern senken sollen, da dies dem weltweiten Wachstum einen Schub verleiten würde. Ein stabiler Erdölmarkt sei auch im Interesse der Opec. Dies konterten Vertreter der Industrieländer gestern mit dem Argument, eine Steuersenkung würde nichts am Preis ändern, weil dann der Verbrauch wieder stiege und das Öl somit noch knapper würde als derzeit.

Das Kartell will laut einer Erklärung Öl zu fairen und stabilen Preisen liefern, die zwischen 22 und 28 Dollar je Barrel (159 Liter) Öl liegen. Am Donnerstag lag der Ölpreis bei 30,30 Dollar für die Barrel. Im vergangenen Jahr lag der Durchschnittspreis bei 16 Dollar. In Deutschland reduzierte sich der Literpreis für Sprit an den Tankstellen seit der letzten Erhöhung vor neun Tagen im Durchschnitt bis gestern wieder um vier Pfennig.

Die in Caracas versammelten Staatschefs verpflichteten sich in ihrer Abschlusserklärung dazu, „weiterhin den nötigen Erdölfluss anzubieten“. Die Opec will eine gemeinsame politische Strategie entwickeln, damit die Ölpreise stabil und wettbewerbsfähig zu anderen Energiequellen bleiben. Sie lud die Verbraucherländer zum Jahrestreffen der Ölproduzenten im November nach Riad ein. Die Opec hat einen Anteil von rund 40 Prozent an der weltweiten Erdölproduktion und kontrolliert die wichtigsten Reserven.

Zum Umweltschutz – ein heikles Thema, weil Klimaschutzbemühungen immer weniger Ölverbrauch beinhalten – schreiben die Staatschefs: „Die größte Umwelttragödie in der Welt ist die Armut der Menschheit.“

Der hohe Erdölpreis sorgt in den Produktionsländern für zusätzliche Finanzspritzen für den Staatshaushalt. Dieses Jahr spült der Erdölexport in die venezolanischen Staatskassen 26 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr, als der Ölpreis auf ein Tief abgesackt war, waren es nur 16 Milliarden. Die Wirtschaft Venezuelas ist eine Monokultur und hängt am Tropf des Ölpreises.

Es ist dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez zuzuschreiben, dass die elf Staatschefs der Opec nach 25 Jahren wieder gemeinsam an einem Tisch sitzen. Chávez versucht sich außenpolitisch zu profilieren und will der Opec das Image einer Organisation zuschieben, die als Verteidiger der Interessen der Dritten Welt auftritt. Chávez vertrat die Ansicht, dass die Auslandsschulden die Länder des Südens stärker belaste als der hohe Ölpreis. INGO MALCHER