Masterplan wird Luxusplan

Eigentlich wollte Bausenator Peter Strieder (SPD) mit dem Planwerk Innenstadt Familien an der Stadtflucht hindern. Nun sollen die Wohnungen 8.000 Mark aufwärts pro Quadratmeter kosten

von UWE RADA

Normale Bürger als Eigentümer, Platz für Familien auch in der Innenstadt, ein Angebot gegen die Stadtflucht – mit diesen Schlagworten wurde Bausenator Peter Strieder (SPD) nicht müde, sein 1996 vorgestelltes Planwerk Innenstadt gegen dessen Kritiker zu verteidigen.

Nun ist es seine Verwaltung selbst, die die Katze aus dem Sack lässt. Statt der angestrebten Wohnungen auch für Normalverdiener sollen die neuen Lofts, Appartements und Luxuswohnungen rund um den Friedrichswerder, dem Molkenmarkt oder dem Spittelmarkt 8.000 Mark pro Quadratmeter aufwärts kosten. Das erklärte der für Investitionsvorhaben zuständige Referatsleiter der Bauverwaltung, Christian Kuhlo, am Wochenende dem Tagesspiegel.

20.000 neue Wohnungen will Strieder mit seinem Nachverdichtungs-Masterplan in Berlin bauen. Entscheidend für den späteren Verkaufspreis der Wohnungen ist dabei der Bodenpreis. Doch selbst wenn man die dafür vorgesehenen Flächen nicht als Kerngebiet mit einer vorwiegend gewerblichen Nutzung, sondern als Mischgebiet ausweise, so Kuhlo, „liegt die Schmerzgrenze bei 6.000 Mark“. Mit diesem Quadratmeterpreis für Grund und Boden bewege man sich etwa im Bereich der Stadtvillen im Tiergarten-Dreieck und am Potsdamer Platz, wo die Wohnungen für 8.000 Mark aufwärts verkauft würden. Eine Abgabe der Grundstücke an mögliche Investoren unterhalb des Verkehrswertes schließt Kuhlo aus.

„Das ist das Gegenteil von dem, was wir damals gewollt haben“, sagte der Stadtplaner Wulf Eichstädt gestern der taz. Eichstädt weiß, wovon er spricht. Im Auftrag Strieders hat er vor zwei Jahren errechnet, wie mit dem Planwerk Innenstadt auch ein Angebot für Normalverdiener geschaffen werden könne. „Unser Ziel war es, die Wohnungen für 4.500 Mark pro Quadratmeter zu verkaufen“, so Eichstädt.

Dafür wäre allerdings ein deutlich flexiblerer Umgang des Senats mit den Bodenpreisen erforderlich gewesen. „Eine Abkehr von der in der Haushaltsordnung vorgesehenen maximalen Verwertung landeseigener Grundstücke zugunsten städtebaulicher Zielsetzungen“, erinnert sich Eichstädt, „war einmal Konsens im Senat.“

In der Tat wurde die durch das Planwerk Innenstadt vorgesehene „Flächenmobilisierung“ etwa durch Straßenrückbau immer als städtebaulicher Sonderfall betrachtet, der mit herkömmlichen Grundstücksverkäufen nicht zu vergleichen sei. Das war auch der Grund, warum sich ein Teil der Grünenfraktion und auch Teile der PDS auf das Planwerk eingelassen haben, das im vergangenen Herbst vom Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde.

In die gleiche Kerbe schlägt auch der Stadtsoziologe Hartmut Häußermann. Beileibe kein Kritiker von Strieders Masterplan, hatte Häußermann vor allem die Wiederbelebung der Innenstadt für eine Vielzahl verschiedener Nutzergruppen im Auge. Zu diesem Zwecke trat er auch der „AG Bürgerstadt“ bei, „einer Initiative, die die Innenstadt nicht nur als Yuppiestadt wollte“, wie er es formulierte. Auch Häußermann erinnert nun an die Zusage von Strieder, die Grundstücke billiger zu vergeben. „Der Senat steht da im Wort. Strieder darf nicht vor dem Finanzsenator einknicken.“

Strieders Sprecherin Petra Reetz versuchte die Angelegenheit gestern etwas tiefer zu hängen. „Für ein solches Angebot gibt es überhaupt keine Nachfrage“, sagte sie. Sie räumte aber ein, dass es das Ziel sein müsse, Wohnungen zu bauen, die angesichts des Leerstands noch Marktchancen hätten. „Das betrifft vor allem Wohnungen mit Terrassen und großen Balkonen sowie mit Wasserlage“, so Reetz.

Sollte die Abkehr von den ursprünglichen Zielen einer sozialen Mischung unwidersprochen bleiben, hätte dies auch Folgen für die städtebauliche Entwicklung des gesamten Areals, warnte Stadtplaner Eichstädt. Gerade weil im Luxussegment des Wohnungsmarkts die Nachfrage sehr gering ist, würde sich eine Investition in diesem Bereich nur rechnen, wenn die Baukörper mit acht bis zehn Geschossen in die Höhe gingen und neben Wohnungen auch Hotels und anderes gebaut würden.

Ursprünglich hatte das Planwerk Innenstadt ein anderes Ziel. Es sah vor, auf dem Stadtgrundriss der Berliner Altstadt eine lockere Bebauung in der Typologie der alten Bürgerhäuser zu realisieren.