Paradoxe Koalition

Montenegros Milošević-Verbündete SNP klüngeln auf überregionaler Ebene mit der Demokatischen Opposition Serbiens (DOS), um die Regierung ihres Teilstaats zu stürzen

BELGRAD taz ■ Indem die prowestliche Regierung der Teilrepublik Montenegro die jugoslawischen Wahlen boykottierte, schnitt sie sich ins eigene Fleisch. Denn die montenegrinische Sozialistischen Volkspartei (SNP), Koalitionspartner von Präsident Milošević, errang dank des Fernbleibens ihrer Gegner 19 Abgeordnetenplätze in der Kammer der Republiken und 30 in der Bürgerkammer.Damit behält Milošević trotz des bundesweiten Wahlsieges der DOS die absolute Mehrheit im jugoslawischen Bundesparlament.

Vorerst zumindest. Denn die SNP und die DOS reden über eine Koalition. Während die DOS Milosevic im Bundesparlament schwächen will, sieht die SNP dabei die Chance, Montenegros Präsidenten Milo Djukanović zu entmachten.

Der erklärte schon in harschem Ton: Im Falle einer solchen Koalition sähe sich die montenegrinische Regierung gezwungen, ein „Referendum über die Unabhängigkeit“ auszuschreiben. Doch diese Drohung nimmt niemand ernst. Immer noch ist die Mehrzahl der Montenegriner zwar gegen Milošević’ Diktatur, aber für einen gemeinsamen Staat mit Serbien. Im Falle einer demokratischen Wende in Serbien könnte Djukanović für die Sezession auch nicht mit internationaler Unterstützung rechnen.

Paradoxerweise will deshalb heute auch sein Erzfeind Djukanović, dass Milošević die Mehrheit im Bundesparlament behält. Weil dies beiden vorläufig die Macht garantierte.

Übrigens können sich DOS-Führer Vojislav Koštunica und Djukanović nicht ausstehen. Koštunica kritisierte mehrfach, dass die jugoslawische Verfassung Montenegro gleichberechtigt neben das zehnmal größere Serbien stellt. ANDREJ IVANJI

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