Linke siegt in São Paulo

Kandidatin der Arbeiterpartei jubelt: Nach der ersten Runde der Kommunalwahlenin Brasilien steht in der drittgrößten Stadt der Welt ein Machtwechsel bevor

SÃO PAULO taz ■ Marta Suplicy war überglücklich. „Die Stadt wird endlich regierbar“, bejubelte die Bürgermeisterkandidatin der linken Arbeiterpartei (PT) in São Paulo das Ergebnis der Kommunalwahl vom Sonntag. In der größten Metropole Südamerikas, die bislang als Hort der Korruption galt, zeichnet sich erstmals eine Mitte-links-Koalition ab.

Die 55-jährige Psychologin, die durch ihre eigene TV-Show bekannt wurde, erhielt 38 Prozent der Stimmen und geht als klare Favoritin gegen den Rechtspopulisten Paulo Maluf in die Stichwahl am 29. Oktober. Die PT erzielte ihr bislang bestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl, vor allem in den städtischen Zentren. In den 26 Hauptstädten der Bundesstaaten stellt sie die meisten Abgeordneten.

Nur im traditionell fortschrittlichen Rio de Janeiro, wo die Linke tief zerstritten ist, fällt die Entscheidung zwischen zwei konservativen Kandidaten. Wegen der großen regionalen Unterschiede und der zergliederten Parteienlandschaft in Brasilien sind die Kommunalwahlen nur bedingt als Stimmungsbild geeignet. Klientelismus und Stimmenkauf wurden zwar durch das flächendeckend elektronische Wahlverfahren erschwert, sind aber in den ländlichen Regionen und den Elendsvierteln der Städte immer noch an der Tagesordnung. Spekulationen über die Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahl in zwei Jahren kommen noch zu früh. Fest steht: Die PT feierte ihre größten Erfolge dort, wo sie auf Klassenkampfparolen verzichtete und sich als glaubhafte Vertreterin eines „moralischen“ Politikstils präsentierte. GERD DILGER