Brandanschlag auf Synagoge verübt

Unbekannte schleuderten Molotowcocktails gegen die Eingangstür. Nachbarin trat Brand aus. Polizei nahm zwei Teenager fest

aus Düsseldorf MARCUS MEIER

Ob es ein Zufall sei, dass die Tat in der Nacht auf den 3. Oktober verübt wurde? „Ich finde das merkwürdig“, sagt Esra Cohn, „aber ich glaube nicht mehr so sehr an Zufälle.“ Nein, über die möglichen Hintergründe des Brandanschlages auf die Synagoge in der Zietenstraße mochte der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf gestern nicht spekulieren – dazu sei ihm noch zu wenig über die Tat bekannt. „Ich finde die Bereitschaft zur Gewalt erschütternd“, sagt Esra Cohn schließlich.

Montag Abend, 23.58 Uhr. Bei der Düsseldorfer Polizei geht ein Notruf ein. Auf die Synagoge im Düsseldorfer Stadtteil Golzheim ist ein Brandanschlag verübt worden. Die Täter versuchen zunächst, die gläserne Eingangstür mit einem Ziegelstein zu zerschmettern. Vergeblich. Dann werfen sie zwei, möglicherweise drei Molotowcocktails auf den Eingangsbereich. Die Brandsätze prallen ab.

Eine 31-jährige Nachbarin bemerkt den Brand, klettert über den zwei Meter hohen Zaun und tritt die Flammen aus. Der Sachschaden bleibt gering, Menschen kommen nicht zu Schaden. In einem Großeinsatz gelingt es der Polizei, zwei Tatverdächtige festzunehmen. Die beiden Jugendlichen im Alter von 15 und 16 Jahren seien polizeibekannt, allerdings nicht durch Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund, heißt es bei der Polizei. Warum sie der Tat verdächtigt würden? „Im Rahmen der Fahndungsmaßnahmen wurden sie in räumlicher Nähe zum Tatort aufgegriffen“, so ein Polizeisprecher.

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, verurteilte die Tat als „abscheulichen antisemitischen Anschlag“. Es sei bezeichnend, „dass innerhalb von sechs Monaten in Deutschland zwei Synagogen angegriffen werden“, so Spiegel in Anspielungen auf den Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers.

Spiegel erklärte: „Nachdem wieder Anschläge auf Synagogen verübt werden und an Demonstrationen gegen rechts wie in Düsseldorf nur 700 Menschen teilnehmen, aber bei Demonstrationen gegen die Hundeverordnung Zehntausende, ist die Frage erlaubt und sogar wahrscheinlich berechtigt, ob es richtig war und ist, jüdische Gemeinden in Deutschland wieder aufzubauen.“

Die Zeugenaussagen nach dem Düsseldorfer Brandanschlag sind widersprüchlich. Mal ist von zwei, mal von vier Tätern die Rede. Es wird von einem Mann berichtet, der um die 30 Jahre alt sein und schwarze Kleidung getragen haben soll. Eine Videokamera an der Synagoge hat das Geschehen möglicherweise aufgezeichnet. Die Polizei will einen rechten Hintergrund der Tat nicht ausschließen, betont aber, dass sie „in alle Richtungen“ ermittele.

„In alle Richtungen“ ermittelt die Polizei auch in Sachen des Düsseldorfer Bombenanschlages, der Ende Juli eine republikweite Debatte über Rechtsextremismus auslöste. Einen rechten Hintergrund mag sie bei einem Übergriff auf einen schwarzen Deutschen „nicht ausschließen“, der in der letzten Woche zunächst als „Nigger“ beschimpft und dann verprügelt wurde.

Eines weiß die Düsseldorfer Polizei indes gewiss: Seit dem Bombenanschlag hat sich die Zahl der angezeigten Straftaten mit ausländerfeindlichem oder rechtsextremem Hintergrund mehr als verdoppelt. Zu einer Demonstration nach dem Bombenanschlag im Juli verirrten sich jedoch gerade mal ein paar hundert Personen. Düsseldorfs Rechte haben indessen für die nächsten Wochen gleich zwei Demonstrationen angekündigt.