aufruhr in palästina
: Tödlicher Vorsatz

Drei tote Israelis, mehr als 50 tote Palästinenser. Dies ist die traurige Bilanz eines fünftägigen Aufruhrs in Palästina. Die israelische Armee war auf eine derartige Konfrontation vorbereitet – ja sie hatte sie schon am 13. September erwartet, dem Tag, an dem der palästinensische Staat ursprünglich ausgerufen werden sollte. Seit den Unruhen nach der Tunnelöffnung in Jerusalem vor vier Jahren, als 17 israelische Soldaten getötet wurden, hat die Armee das Aufstandsszenario trainiert. Und in tödlichem Griff.

KOMMENTARvon GEORG BALTISSEN

Die hohe Zahl der Opfer auf palästinensischer Seite ist empörend – und die Schwere ihrer Verletzungen. Nur 20 Prozent derjenigen, die in den ersten drei Tagen des Aufruhrs ins Krankenhaus eingeliefert wurden, konnten noch am selben Tag wieder entlassen werden. Viele sind im Bereich der Brust, an Kopf oder Bauch verletzt worden. Viele Opfer waren nicht mehr zu retten, weil die Kugeln in ihrem Körper explodierten und Schäden an den inneren Organen verursachten. Derartige Wunden stammen gewöhnlich von Hochgeschwindigkeitskugeln oder entstehen durch den Beschuss aus einem Hubschrauber.

Die palästinensische Seite erhebt daher den Vorwurf, dass die israelischen Soldaten vorsätzlich töten wollten. Diese Anschuldigung wird von Berichten untermauert, dass israelische Sicherheitskräfte die Straßen zu den Krankenhäusern in Jerusalem blockierten oder Ambulanzen mit Schwerverletzten unnötig aufhielten.

Auch Sanitäter und Rettungsfahrer wurden erschossen, obwohl sie eindeutig gekennzeichnet waren. So in Ramallah, wo es am Sonntag drei Sanitäter traf, als sie verwundete Palästinenser behandelten. Auch die im Film festgehaltene Erschießung des 12-jährigen Mohammad al-Duri im Gaza-Streifen zeigt, dass diese Vorwürfe alles andere als haltlos sind, zumal auch hier ein herbeieilender Rettungsfahrer tödlich getroffen wurde.

Lakonisch klingt die Stellungnahme der Armee: Alle Getroffenen hätten Bereitschaft zur Gewalt gezeigt oder sich in „Kampfzonen“ aufgehalten. Selbst wenn die israelische Armee dies anzunehmen scheint – es gibt in der gesamten zivilisierten Welt keine Rechtfertigung dafür, Jugendliche, die mit Steinen werfen, mit scharfer Munition regelrecht abzuschießen. Israelische und palästinensische Menschenrechtsorganisationen haben daher eine unabhängige Untersuchung des Schusswaffengebrauchs durch die israelische Armee verlangt. Das ist in der Tat bitter nötig.