Momper begnadigt die PDS

„Jede demokratische Partei kann mit jeder koalieren“: Walter Momper verriet Petra Pau, welche neuen Erkenntnisse er seit der verlorenen Wahl zum Abgeordnetenhaus 1999 gewonnen hat

von ANDREAS SPANNBAUER

Nur der historische Händedruck fehlte noch. Sonst aber waren sich die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau und der frühere Regierende Bürgermeister Walter Momper am Tag der Einheit auf dem Alexanderplatz völlig einig. Als erster SPD-Spitzenpolitiker hatte sich Momper bereiterklärt, auf einer Veranstaltung der Sozialisten aufzutreten. Der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses verteidigte diesen Entschluss: „Ich diskutiere mit jeder Partei, außer mit Rechtsradikalen“.

Momper aber will nicht nur mit der PDS diskutieren, sondern auch mit ihr regieren. „Jede demokratische Partei kann mit jeder demokratischen Partei koalieren“, sagte der SPD-Politiker und erntete damit den Beifall der PDS-Anhänger. Beide Parteien seien sich in vielen Zielen einig, begründete der Sozialdemokrat seine Aussage, es gebe „keinen Grund, nicht mit der PDS zu koalieren“. Noch vor einem Jahr hatte der SPD-Kandidat für das Amt des Regierenden Bürgermeisters eine Kooperation mit den Sozialisten strikt abgelehnt.

Vor mehreren hundert Zuhörern lobte Momper die „einvernehmliche Zusammenarbeit“ mit seiner PDS-Parlamentskollegin Gesine Lötzsch im Präsidium des Abgeordnetenhauses. Vielen PDS-Kommunalpolitikern attestierte er, „in der Sache unheimlich gut zu sein“. Selbst für die Parteilinke Sahra Wagenknecht fand der Gast freundliche Worte: „In der Bundesrepublik würde uns etwas fehlen, wenn wir Sahra Wagenknecht nicht hätten.“

Pflichtgemäß forderte Momper die Sozialisten auf, sich mit ihrer kommunistischen Tradition auseinander zu setzen. Der SPD-Politiker sprach von den Schicksalen zahlreicher Sozialdemokraten, die sich zuerst für eine Vereinigung von SPD und KPD 1946 eingesetzt hatten und später in der Haftanstalt landeten. Bei Pau rannte er damit offene Türen ein. Die PDS-Landesvorsitzende reagierte auf den wohl dosierten Hinweis ihres Kontrahenten selbstkritisch und verwies auf „manche junge Parteimitglieder“, bei denen sie sich frage: „Wo kommt dieser Dogmatismus her?“ Als dringlichste Probleme nannten beide die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Rechtsradikalismus.

Nur einmal wurde das traute Bild gestört: Als Momper mit Verweis auf die Begnadigung des SED-Politbüromitglieds Günter Schabowski argumentierte, man dürfe den Menschen nicht ihre Lernprozesse absprechen, sorgte die Erwähnung Schabowskis für Buhrufe beim Publikum. Einig war man sich in der Ablehnung des CDU-Fraktionschefs Klaus Landowsky. „Wer in den Schützengräben des Kalten Krieges sitzt, sollte sich dort begraben lassen“, riet Momper dem CDU-Mann und gewann damit die Zustimmung der Zuhörer.

Am Ende überreichte ihm PDS-Landeschefin Pau einen roten Arbeitsoverall inklusive Helm. So groß war die Übereinstimmung, dass sich Pau nicht nur über „arithmetische Mehrheiten diesseits der CDU“ freuen konnte, sondern sich am Ende zu der Klarstellung genötigt sah: „Eine Vereinigung beider Parteien steht nicht bevor. Wir bleiben politische Konkurrenten.“