die stimme der kritik
: Betr.: Susan Stahnke, das ICE-Chaos und die Megamaschine „Transrapid“

Zwei tapfere Hoffnungsträger

Was hat der Turbogleiter Transrapid mit Ex-Tagesschausprecherin Susan Stahnke gemeinsam? Beide warten auf ihre Traumrolle. Beide sind irgendwie ziemlich blond und glänzend und schweben mirakulös durch Raum und Zeit. Und stehen doch in der Warteschleife auf dem Abstellgleis: Ilsebilse, keiner will se! Frösche, noch nicht wachgeküsst. Aber unversehens tauchen sie immer wieder gluckernd aus dem Nachrichtensumpf auf. Dann schütteln sie tapfer den Morast von Köpfchen und Triebwerk – und verbreiten Aufbruchstimmung. Sie stehen ständig wenige Nanometer vor dem Durchbruch. Sie sind unverwüstlich, gewissen saisonalen Schwankungen gehorchend, aber insgesamt doch verlässliche, chronische Hoffnungsträger.

Und immer für eine neue Rolle gut. Susan Stahnke wurde zuletzt als neue Sissy gehandelt, was sich leider wieder zerschlagen hat. Der Superschnellzug Transrapid sollte die Chinesen retten. Doch gestern, die Durchbrüche häufen sich!, meldeten die Agenturen, dass auch die USA „starkes Interesse“ zeigen. dpa ist schwer aufgeregt: Die erste Prüfphase für sechs (!) mögliche Strecken sei bereits beendet. Bald werde die günstigste Verbindung ermittelt. Und auch bei den Chinesen, die zum Transrapid schon immer nett gewesen, geht es „mit Hochdruck“ voran.

Und dann kommt dieser eine, großartig lakonisch in die Magnetspur geworfene Satz: „Unter anderem muss aber noch die Finanzierungsfrage gelöst werden.“ Eigentlich ist der Stelzenzug schon fix und foxi, wir wissen nur noch nicht, wer ihn bezahlen soll. Für solche Sätze lieben wir die Agenturen, die dann auch noch feststellen: „Nach wie vor ist kein Vertrag unterschrieben.“ Ach, du glitzernde Wunschmaschine, du „Bahn mit räderlosen Fahrzeugen, die mittels magnetischer Felder an eisernen Fahrschienen schwebend entlanggeführt werden“ (Patentschrift von 1934), du „Einrichtung zur Verminderung der rollenden Reibung“, was wird aus dir?

Vielleicht kommt die Rettung ja aus Saalfeld. Dort, tief im Thüringischen, musste der Intercity-Express am Tag der Einheit einen „Notstopp“ wegen Überfüllung einlegen. Der Zug sei „zu 190 Prozent ausgelastet“ gewesen. 900 Fahrgäste in Intensivhaltung hätten sich 381 Sitzplätze geteilt und sich nach dem Notstopp geweigert, auszusteigen. Transrapid, übernehmen Sie! Eine Demonstrationsstrecke von Saalfeld Hbf nach Saalfeld Nord. PS: Ist Frau Stahnke eigentlich schon mal Transrapid gefahren? MANFRED KRIENER