Patent für Mensch-Tier-Mischwesen

Firma will sich weltweit Rechte für Genmanipulationen an Embryonen und Tieren sichern, zum Beispiel für Menschen-Schweine-Zellen. Rechtslage in Europa unklar, weil das pauschale Verbot für Patente auf Leben fehlt – meint Greenpeace

aus Berlin WOLFGANG LÖHR

Einem Horrorfilm scheint die Patentschrift mit dem unscheinbaren Titel „Kerntransfer für die Produktion von transgenen Tierembryonen“ entspringen zu sein. Denn mit dem Patent WO 99/21415 will die australische Biotech-Firma Stem Cell Sciences nicht nur genmanipulierte und geklonte Tiere unter Verwertungsschutz stellen, sondern ausdrücklich auch menschliche Embryonen und sogar Mischwesen aus Mensch und Tier.

Eingereicht wurde der Patentantrag bereits vor zwei Jahren bei der Weltpatentorganisation der UNO, der World Intellectual Property Organization (WIPO), mit Sitz in Genf. Im Mai letzten Jahres veröffentlichte die UN-Agentur dann die Patentschrift. Und wie schon im Februar dieses Jahres, als das Europäische Patentamt (EPA) in München ein Patent auf Embryonen „durchgehen“ ließ, war es gestern wieder die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die diesen Skandal aufdeckte.

Diesmal war es die WIPO, die das Patent ohne Beanstandungen behandelte. Die WIPO selbst kann zwar keine Patente genehmigen, sie fungiert nur als Sammelstelle und reicht die Patentschrift nach Prüfung an die vom Antragsteller genannten einzelnen nationalen und internationalen Patentämter weiter. Bei dem Mensch-Tier-Patent sind es weit über 80 Staaten, für die ein Verwertungsschutz beantragt wurde. Unter anderem müssen sich jetzt auch das Europäische und das Deutsche Patentamt damit befassen. Für viele Länder aber, die sich selbst keine aufwendigen Nachprüfungen leisten können, ist mit dem positiven Bescheid von WIPO schon eine Vorentscheidung gefallen.

Im ersten, europäischen Patent war nur die theoretische Möglichkeit beschrieben, transgene Embryonen herzustellen. In der neuen Patentschrift aber werden konkrete Experimente vorgestellt, bei denen Mischwesen aus Mensch und Tier hergestellt wurden. So hatte man dort in Anlehnung an die Methode, mit der das Klonschaf Dolly hergestellt wurde, menschliche Zellkerne in zuvor entleerte Eihüllen übertragen. Neu war, dass nicht artgleiche Eihüllen verwendet wurden, sondern Eihüllen von Schweinen. Da in den entkernten Eihüllen noch Zellbestandteile zurückbleiben, unter anderem die Mitochondrien, die eine eigene DNA besitzen, entsteht ein genetisches Zwitterwesen.

Konkrete Verwendung wird in der Patentschrift nicht angebeben, dort heißt es nur lapidar, dass diese Methode für die Xenotransplantation nützlich sein könne. Zum Beispiel wird dabei an die Herstellung von tierischen Ersatzorganen mit menschlichen Eigenschaften gedacht.

In Deutschland sind Versuche zur Herstellung von genetischen Mischwesen nach dem Embryonenschutzgesetz verboten. Eine Patenterteilung müsste demnach auch ausgeschlossen sein. Ob diese Interpretation jedoch auch langfristig zu halten ist, bleibt fraglich. Laut Greenpeace gibt es Fachleute, die die Ansicht vertreten, dass derartige Mensch-Tier-Embryonen, die für therapeutische Zwecke hergestellt werden, nicht dafür gedacht sind, geboren zu werden, und deswegen auch kein „menschliches Wesen“ sind. Deswegen würden sie von Verboten auch nicht erfasst. Daran werde auch die europäische Biopatentrichtlinie nichts ändern.

Die EU-Richtlinie, mit der eine Ausweitung von Patenten für biologische Erfindungen gesetzlich festgeschrieben werden soll, ist noch nicht in deutsches Recht umgesetzt und innerhalb der Ministerien noch umstritten. Grundsätzlich aber sei vorgesehen, so Greenpeace, „dass alle Embryonen, die für das ‚therapeutische‘ Klonen und zur Produktion von Stammzellen erzeugt werden, als biologisches Material klassifiziert sind, das aus dem menschlichen Körper isoliert wurde und deswegen patentiert werden kann“. Um hier die rechtlichen Hintertürchen zu schließen, müssten laut Greenpeace Patente auf Leben grundsätzlich ausgeschlossen werden.