Der Verteidiger der Vielfalt

Der athiöpische Biologe Tewolde Gebre Egziabher verhalf als starke Stimme der Entwicklungsländer den UN-Verhandlungen über den Handel mit genetisch veränderten Organismen zum Durchbruch

BERLIN taz ■ Effektvoll knallt der amerikanische Unterhändler die Akten auf den Tisch, schreit sein Gegenüber an: Tewolde, sie behindern den freien Welthandel! Doch Tewolde Gebre Egziabher, äthiopischer Biologieprofessor und De-facto-Umweltminister seines Landes, lässt sich nicht provozieren. Auch er beherrscht die Klaviatur der Verhandlungstricks, auch er hat einiges an Erfahrungen sammeln können auf den zahlreichen Konferenzen, in denen er die Entwicklungsländer vertrat. „Das Recht, Nein zu sagen, ist für uns eine Frage des Überlebens“, erwidert der schmächtige 60-Jährige seelenruhig dem brausenden Gegenüber.

So geschehen im kolumbischen Cartagena, wo im Februar letzten Jahres 174 Staaten das Biosafety-Protokoll zum Handel mit genetisch veränderten Organismen erarbeiteten. Die Interessenlage war klar: Die reichen Industrienationen, allen voran die Vereinigten Staaten, versuchten für ihre Gentech-Industrie die Schranken einzureißen, die Tewolde verteidigte. Auch wenn die Verhandlungen scheiterten, die afrikanischen Interessen blieben dank der Sturheit des Bauernsohnes unbeschnitten. Er beharrte: „Wenn jemand das Recht an den Genen der neuen krankheitsresistenten Kaffeebohne hat, dann sind es die Bauern.“ Erst in Montreal gaben die Industrienationen nach: 68 Staaten unterzeichneten das Protokoll.

Tewolde studierte bis 1923 an der Universität von Addis Abeba, habilitierte 1969 an der University of Wales. Danach ging er nach Äthiopien zurück, wurde zunächst Dekan, später Präsident der Aswara University. Seit 1990 engagiert sich Tewolde bei den UN-Verhandlungen zur Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt und bei den Biosafety-Verhandlungen. Unter seiner Ägide bildete sich ein harter Kern von bestens präparierten Unterhändlern, die fortan die Position der in der G 77 verbundenen Entwicklungsländer durchsetzten.

Die alternative Nobelpreis-Kommission begründete gestern ihre Wahl mit der „beispielhaften Arbeit“, die Tewolde als Verhandlungsführer leistet. „Trotz kleinlicher, persönlicher Drangsalierung“ durch EU-Länder und die USA habe Tewolde hervorragende Verhandlungsergebnisse zur Erhaltung der Bio-Vielfalt erreicht. NICK REIMER