Angeklagt: Hans-Joachim Klein

Der Fall liegt 25 Jahre zurück: Überfall auf die Opec-Ministerkonferenz. Die Staatsanwaltschaft wirft Hans-Joachim Klein dreifachen Mord vor. Am 17. Oktober, beginnt vor dem Frankfurter Landgericht der Prozess gegen ihn. Ihm droht lebenslängliche Haft. Der 52-Jährige beteuert, niemanden getötet zu haben.

Bei diesem Überfall in Wien am 21. Dezember 1975 werden drei Menschen erschossen. Führer des Kommados ist Illich Ramirez Sanchez, genannt Carlos, die schillernste Figur des internationalen Terrorismus der Siebziger- und Achtzigerjahre. Carlos wird 1994 im Sudan geschnappt. In Frankreich verbüßt er eine lebenslängliche Haftstrafe.

Ebenfalls in Wien dabei war eine Deutsche mit dem Kampfnamen „Nada“. Sie soll die beiden Sicherheitsbeamten erschossen haben. Der Verdacht fiel auf Gabriele Kröcher-Tiedemann, doch in einem Prozess 1990 in Köln wurde sie aus Mangel an Beweisen freigesprochen. 1995 starb sie an einem Krebsleiden. Nach ihrem Tod bestätigte Hans-Joachim Klein erstmals, dass Kröcher-Tiedemann „Nada“ gewesen sei.

Im April 1977 schickt Klein seine Pistole und einen Brief an den Spiegel, in dem er vor geplanten Anschlägen auf jüdische Persönlichkeiten in Deutschland warnt. Mit dem 1979 veröffentlichten Buch („Rückkehr in die Menschlichkeit“) ist Klein der erste Terrorismusaussteiger, der aus dem Innenleben des „Internationalen Terrorismus“ erzählt.

Klein versteckt sich bis zu seiner Verhaftung 1998 in Frankreich. Er hat eine Reihe von prominenten Helfern, die ihn vor allem in den ersten Jahren unterstützen – etwa Jean-Paul Sartre, André Glucksmann, Simone Signoret und der Journalist Jean-Marcel Bouguereau, der sich über mehr als zwanzig Jahre um Klein kümmert. Auch in der Bundesrepublik Deutschland hat Klein Unterstützer, die er die „Jemande“ nennt. Der Einzige der sich öffentlich bekennt, ist Daniel Cohn-Bendit.

Die Versuche der CDU, Joschka Fischer in den Zusammenhang mit dem Mord an dem hessischen Wirtschaftsminister, Heinz Herbert Karry, im Mai 1981 zu bringen, scheitern. Klein soll einmal mit dem Wagen von Fischer Waffen transportiert haben. Eine davon wurde womöglich beim Karry-Mord verwendet. Die Bundesanwaltschaft hat erklärt, Joschka Fischer habe nichts mit der Tat zu tun.

Neben Klein steht auch das mutmaßliche Revolutionäre-Zellen-Mitglied Rudolf Schindler vor Gericht. Er soll an der Vorbereitung des Opec-Anschlags beteiligt gewesen sein. Er selbst bestreitet dies. Der Frankfurter ist nur wenige Monate nach der Auslieferung Kleins von Frankreich an die Bundesrepublik festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt erklärte der taz, Schindler sei aufgrund von Aussagen Kleins festgenommen worden. Doch was genau Klein ausgesagt hat, ist nicht bekannt.

Ob die Kronzeugenregelung im Fall Hans-Joachim Klein angewandt werden kann, ist fraglich. Denn zum Zeitpunkt der Tat gab es hierzulande dieses Geschäft zwischen Anklage und Angeklagtem noch nicht. Und als Klein im vergangenen Jahr umfassend ausgesagt haben soll, war die Kronzeugenregelung bereits wieder ausgelaufen.