Mit Passivität zum Erfolg

Indexfonds sind eine Alternative zu aktiv gemanagten Produkten. Sie verzichten auf die Auswahl von Aktien durch ein Management und bilden einen Index nach. Deutsche Fondsgesellschaften bieten lediglich indexorientierte Fonds

An ähnlichem Maße, in dem die Aktienanlage in den Blickpunkt der Deutschen rückt, steigt auch ihr Interesse an Aktienfonds. Wenn es ein Fondsmanager schafft, den Wert des von ihm verwalteten Vermögens innerhalb eines Jahres um weit über 100 Prozent in die Höhe zu treiben – was beispielsweise 1999 relativ häufig der Fall war –, dann sollte das auch gewürdigt werden. Solche herausragenden Ergebnisse dürfen allerdings nicht den Blick auf die Tatsache verstellen, dass nur wenige Anlageexperten über Jahre hinweg eine Spitzenperformance erzielen. Im langfristigen Vergleich überbietet das Gros der Aktienfonds noch nicht einmal die Wertentwicklung des jeweiligen Vergleichsindizes. Damit verfehlen viele Fondsmanager ihr eigentliches Ziel, die Benchmark zu schlagen.

Die logische Alternative für Anleger sind Indexfonds – Investmentprodukte also, die auf die aktive Auswahl von Aktien durch ein Management verzichten, stattdessen schlicht einen Index nachbilden und damit in der Theorie genau die gleiche Wertentwicklung aufweisen wie das entsprechende Börsenbarometer selbst.

Ein Anleger, der sich beispielsweise zum Erwerb eines in deutsche Standardwerte investierenden Fonds entschlossen hat, sollte sich damit vor der Kaufentscheidung genau darüber klar werden, was er eigentlich will. So kann er sich entweder für die Chance entscheiden, einen Index zu übertreffen, und ist dafür bereit, das höhere Risiko zu akzeptieren, langfristig unter dem Index zu liegen. Dann ist für ihn ein aktiv gemanagter Fonds das richtige Produkt. Oder er reduziert sowohl seine Risiken als auch seine Chancen auf die Wertentwicklung des Index. Dann sollte er einen Indexfonds kaufen.

Dass seine Aussichten auf einen nachhaltigen Vermögenszuwachs im letzteren Fall alles andere als schlecht sind, zeigt ein Blick auf die Wertentwicklung wichtiger Indizes. Der Deutsche Aktienindex (Dax) hat beispielsweise seit Ende 1997 um nahezu 90 Prozent zugelegt, und er befindet sich gar um 250 Prozent über dem Ende 1995 verbuchten Niveau. Der wichtigste amerikanische Aktienindex, der S&P-500, hat in den beiden Zeiträumen gut 40 beziehungsweise mehr als 120 Prozent gewonnen. Ähnliche Resultate haben Indexfonds auf beiden Börsenbarometern erzielt.

Investoren müssen sich allerdings darüber im Klaren sein, dass die Zahlen nicht eins zu eins übertragen werden können. Denn die Performance eines Fonds wird unter anderem durch Kosten wie den Ausgabeaufschlag und die Verwaltungsvergütung belastet. Allerdings sind Indexfonds hier deutlich billiger als aktiv gemanagte Produkte. Der Grund: Die Investmentgesellschaften müssen sie lediglich passiv managen. Das geschieht über Computerprogramme, die dafür sorgen, dass die einzelnen Indexmitglieder im Fondsportfolio genauso stark gewichtet sind wie in dem Börsenbarometer. Aktiv gemanagte Fonds generieren dagegen etwa aufgrund des nötigen aufwendigen Aktienresearchs hohe Kosten. Und diese werden an die Anleger weitergegeben.

Vorreiter in Sachen Indexfonds sind die USA. In den Vereinigten Staaten gibt es das Produkt schon seit den 70er-Jahren – und das mit zunehmendem Erfolg. Vor allem institutionelle, aber auch immer mehr Privatanleger entscheiden sich für eine Anlage in Indexfonds. Inzwischen werden dort etwa 25 Prozent der Mittelzuflüsse der Investmentgesellschaften in diese Kategorie investiert. Der größte Indexfonds, der Vanguard 500, hat mittlerweile ein Volumen von rund 105 Milliarden Dollar. Das sind nahezu 60 Prozent des gesamten Volumens aller Publikums-Aktienfonds, die von deutschen Investmentgesellschaften und ihren ausländischen Töchtern verwaltet werden. Und es ist etwa das 12,5fache dessen, was in deren Index- und indexnahen Fonds steckt.

Das geringe Volumen der in der Bundesrepublik vertriebenen Indexfonds hat mehrere Gründe. Wesentliche Faktoren sind der Vertrieb über die Banken, der sich vornehmlich auf aktiv gemanagte Fonds konzentriert, die Konkurrenz der sehr erfolgreichen Indexzertifikate und die gesetzlichen Rahmenbedingungen. So hat die Gesetzeslage jahrelang den Start echter Indexfonds in Deutschland verhindert. Das lag vor allem an Obergrenzen, die unter Risikoaspekten für aktiv gemanagte Fonds zwar sinnvoll, für Indexfonds aber klassische Knockout-Kriterien sind. So darf beispielsweise kein Aktienfonds mehr als zehn Prozent seines Vermögens in ein einzelnes Wertpapier investieren. Und alle Unternehmen zusammen, die jeweils mit über fünf Prozent in einem Fondsportfolio gewichtet sind, dürfen zusammen einen Wert von 40 Prozent nicht überschreiten. Damit kann aber ein Index wie der Dax, in dem allein die Kursentwicklung der Deutschen Telekom momentan mit über 20 Prozent einfließt, nicht maßstabsgetreu nachgebildet werden. Erst das am 1. April 1998 in Kraft getretene Dritte Finanzmarktförderungsgesetz brachte hier eine Ausnahmeregelung für Indexfonds. Seitdem können theoretisch auch in Deutschland echte Indexfonds aufgelegt werden. Doch noch fehlt es an einer Rechtsverordnung. Gespräche zwischen dem Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften und dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen laufen zurzeit noch.

Konsequenterweise bedeutet dies, dass die deutschen Fondsgesellschaften zur Zeit lediglich indexorientierte Fonds anbieten, also Produkte, die sich so weit wie möglich an einen Index anlehnen, diesen aber nicht unbedingt eins zu eins abbilden. Dabei finden Index- und indexnahe Fonds auch hierzulande zunehmend ihr Publikum. Der große Erfolg der Indexzertifikate zeigt, dass die Bundesbürger einem Investment in Indizes einiges abgewinnen können. Die Zertifikate haben aber lediglich eine beschränkte Laufzeit und weisen damit aufgrund der entstehenden Wiederanlagekosten einen wesentlichen Nachteil gegenüber Indexfonds auf. Diese sind damit für langfristig orientierte Investoren die bessere Alternative und dürften folglich beispielsweise im Bereich der Altersvorsorge eine wichtige Rolle übernehmen. Dass einige große deutsche Investmentgesellschaften noch gar keine Indexfonds im Angebot haben, könnte sich da schnell als Nachteil für sie erweisen. ANDREAS WÖLFER

Der Autor ist Geschäftsführer der Activest Investmentgesellschaft mbH