Zwei Gentlemen mit leichter Meinungsverschiedenheit

Die US-Vizepräsidentschaftskandidaten Richard Cheney und Joe Lieberman debattierten im Fernsehen. Wer für welche Partei steht, war selten zu erkennen

WASHINGTON taz ■ Richard Cheney, US-Verteidigungsminister während des Golfkriegs, schien geradezu unter der Frage zu leiden, die ihm CNN stellte: „Was bringen Sie ins Amt des Vizepräsidenten, das Ihrem Gegenüber fehlt?“ Der Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner wand sich und fand schließlich die Formulierung: „Ich mochte den alten Lieberman lieber als den neuen.“ Auch sein Kontrahent von den Demokraten hätte am liebsten nichts Negatives über seinen Gegner gesagt. Und als die beiden Kandidaten gefragt wurden, ob gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt werden sollten, antworteten beide, sie würden mit der Frage „ringen“.

Die einzige Debatte zwischen den beiden US-Vizepräsidentschaftskandidaten hätte im Vergleich zur ersten Debatte der Präsidentschaftskandidaten vom Dienstag nicht verschiedener sein können. Während Bush und Gore unter Hochspannung standen und keine Gelegenheit versäumten, sich zu attackieren, saßen Lieberman und Cheney entspannt am Tisch wie zwei Gentlemen im Club mit leichten Meinungsverschiedenheiten.

Bei aller Unterschiedlichkeit der Atmosphäre waren die beiden am Ende aber doch die Stimmen ihrer Herren. Die Debatte wiederholte alle Argumente, die schon zwischen Gore und Bush ausgetauscht wurden. Die beiden Vizekandidaten hatten allerdings gleich drei außenpolitische Fragen zu beantworten. Sie galten der Situation in Jugoslawien, dem Nahen Osten und möglichen Truppeneinsätzen der USA im Ausland. „Sollen amerikanische Truppen in erster Linie als Krieger oder als Friedenstruppen eingesetzt werden?“, wurde Cheney gefragt, der dem Militär eher seine traditionelle Rolle zuweisen möchte. Lieberman antwortete, dass die Demokraten mehr Militärausgaben vorsähen als Bush und Cheney, und meinte, dass er mit seinen Kontakten zu Israel und in den arabischen Raum beim Friedenstiften im Nahen Osten helfen könne.

Die Debatte rückte vor allem den bisher kaum bekannten Cheney ins Rampenlicht. Die Nominierung Liebermans war zunächst die große Geschichte gewesen. Jetzt stellte sich Cheney erstmals einem größeren Publikum vor. Ihm gelang auch der einzige Lacherfolg des Abends. Als Lieberman sagte: „Meine Frau wünscht sich schon lange, dass ich in die Privatwirtschaft gehe“, schmetterte Cheney: „Gerade dabei wollen wir Ihnen behilflich sein.“ PETER TAUTFEST