Klimaschutz steht wieder hintenan

Zu teuer, zu früh, zu unflexibel, zu wenig populär – den Ministern für Finanzen, Verkehr und Wirtschaft fällt allerhand ein, wie sie das Nationale Programm zur Verminderung von Treibhausgasen verschieben und verwässern können

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Um das Nationale Klimaschutzprogramm wird bis zuletzt gestritten. Wahrscheinlich wird das Programm nicht wie geplant am Mittwoch durchs Kabinett gehen können. Finanzminister Hans Eichel (SPD) hat Vorbehalte gegen einen zentralen Punkt der Klimastrategie, das Altbausanierungsprogramm.

Der im Klimaschutz federführende Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) will die Altbausanierung über fünf Jahre mit jährlich im Schnitt 580 Millionen Mark mit zinsgünstigen Krediten fördern. Nach Informationen der taz hält Eichel diesen Ansatz für zu hoch. Außerdem möchte er sich nicht auf fünf Jahre festlegen. Damit würde das Klimaprogramm schon zum dritten Mal im Kabinett verschoben.

Zudem weigert sich Eichels Ministerium, bereits vor Ende der Haushaltsberatungen zwischen Regierung und Fraktionen, eine feste Summe für die Altbausanierung ins Klimaschutzprogramm zu schreiben – das würde vermutlich bis Ende November dauern. Damit ist wiederum das Umweltministerium nicht einverstanden, wo man das Programm nicht ohne feste Zahlen verabschieden will. Schließlich soll darin Bereich für Bereich aufgeschlüsselt werden, wie das Klimaschutzziel erreicht werden soll. Mit dem Programm möchte die Bundesregierung auf dem Internationalen Klimagipfel in Den Haag glänzen, der am 13. November beginnt.

Das Finanzministerium möchte aber den Haushaltsberatungen nicht vorgreifen. Das Altbausanierungsprogramm soll aus den Zinsersparnissen durch die UMTS-Milliarden finanziert werden. Die Grünen wollten es ursprünglich über 10 Jahre mit einer Milliarde pro Jahr ausstatten. Im Wärmedämmen alter Wohnungen liegt eine der größten Sparmöglichkeiten an klimaschädlichen Gasen.

Aber auch Verkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) und Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) schießen derzeit quer. Klimmt sagt gestern in der Berliner Zeitung, nach 2003 „ist Sense nach meiner Meinung“ mit der Ökosteuer. Sein Pressesprecher erklärte zwar, dies sei nur eine persönliche Äußerung, nicht die Haltung der Regierung – doch sie steht im Gegensatz zum Klimaschutzprogramm, wo die Ökosteuer als Instrument fest eingeplant ist.

Klimmt hat ohnehin nur weiche Maßnahmen für den Klimaschutz zu bieten, wie Einsatz besserer Reifen und Aufklärung zu Energie sparendem Fahren. Da könnte der Verzicht auf die Ökosteuer ab 2003 auch für ihn persönlich zum Problem werden, wenn er weiter auf Tempolimits verzichten will.

Müller düpierte Umweltministerium und Kanzleramt mit der eigenmächtigen Einsetzung einer Energieagentur, die in seinem Haus angesiedelt ist, und der Nominierung von Stephan Köhler als Leiter. Die Idee ging auf eine Initiative der Regierungsfraktionen zurück. Eigentlich war verabredet, die Agentur gemeinsam mit den Ministerien von Klimmt und Trittin einzurichten.

Nach Informationen der taz sind im Klimaprogramm entgegen dem Entwurf keine konkreten Minderungsziele nach 2010 mehr vorgesehen – dort war noch von einer Minderung um 80 Prozent bis 2050 die Rede. Nun heißt es nur noch, man wolle „drastisch“ reduzieren. „Damit gibt die Bundesregierung ihr Vorreiterrolle auf“, urteilt Oliver Rapf, Klimaexperte des WWF.