die stimme der kritik
: Betr.: Schlammschlacht Hoeneß gegen Daum

Pipi für den Kaiser

Wer als Wurstfabrikant totes Tier und Chemikalien zu Brotbelag veredelt, darf in Sachen Moral und Drogen als Spezialist gelten. So einer ist Uli Hoeneß, und weil er auch noch Fußballer und Manager des FC Bayern ist, hat er sein Spezialgebiet unlängst auf die Nationalmannschaft und ihren designierten Bundestrainer Daum ausgedehnt.

Der Cocktail, den er dafür angerührt hat, ist so appetitlich wie das Nitrit, Phosphat und Knochenmehl in seiner gut sortierten Wurstküche: ein Näschen Koks, eine Prise Puff und ein bisschen Rotlicht – fertig war die Rufschädigung. Nicht um seinem Intimfeind Daum eins auszuwischen, sondern um „den deutschen Fußball“ zu retten, dessen Anstand und Sauberkeit Hoeneß als geborener Moralspezialist gefährdet sieht. Und seine Bayern-Spezln spielen mit und treten nach: Kaiser Franz meint, diese Gerüchte über Daum kursierten doch schon seit Jahren, und es sei für ihn jetzt eine gute Chance, das Gegenteil zu beweisen, so schwer das in jedem Einzelfall auch immer sein mag.

So leger, wie man in Bayern in Sachen Mobbing und Beweislast verfährt, kann den Medien nur angeraten werden, ab sofort die tollsten Gerüchte kursieren zu lassen – Beckenbauer Kinderschänder?, Rummenigge Scientologe? Hoeneß Daueronanist? – um den Betroffenen dann Gelegenheit bieten, das korrekte Gegenteil im Detail unter Beweis zu stellen. Dass ein künftiger Nationaltrainer beim Kaiser eine Urinprobe samt Haaranalyse, Aidstest und Leumundszeugnis in Sachen Geschlechtsverkehr abzuliefern hat – so grotesk diese Bayern-Logik scheint, ist sie von der Realität nicht mehr allzu weit entfernt.

In den USA ist es schon so weit, dass man nicht mal mehr Hamburger braten darf, ohne eine Pipi-Probe beim Chef abzuliefern, und auch die CSU schwärmt von flächendeckendem drugtesting. Nicht in Wurstfabriken oder Olympiastützpunkten, nein, natürlich nicht, sondern in Schulen und Büros. Insofern bringen Wurst-Uli und das Bayern-Regiment nur auf den Punkt, was ihr Aufsichtsrat Stoiber sowieso schon denkt. Wenn Christoph Daum sich jetzt zum Drogentest erpressen lässt – was aus der Not und als Konter dieses unfairen Angriffs verständlich wäre –, kann daraus nur eine Forderung erwachsen: Hosen runter für alle! Die Promillewerte von Hoeneß, die Tablettenstatistik von Beckenbauer, die aktuelle Drogen- und Genussmittel-Historie der Bundesregierung – ein dringender Fall fürs Internet! MATHIAS BRÖCKERS