Indianer auf dem Holzweg?

Kayapó-Indianer wehren sich gegen die Beschlagnahmung von gefälltem Tropenholz. Illegaler Raubbau im brasilianischen Amazonasgebiet geht trotz allerhand Gesetzen weiter – auch weil Regierung sich gegen international wirksamen Schutz wehrt

aus SÃO PAULO GERHARD DILGER

Brasiliens Staatschef Fernando Cardoso weilte bis zu diesem Wochenende in Deutschland und wurde allgemein für seine „reformpolitischen Ansätze“ gelobt, etwa von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.

Bei einem traditionell viel beachteten Problem Brasiliens jedoch tut sich wenig – dem Kampf gegen die Abholzung. Vergangene Woche landeten 40 Polizisten und Beamte der Umweltbehörde Ibama in einem Reservat der Kayapó-Indianer, um 11.000 Kubikmeter Mahagoniholz sicherzustellen. Empfangen wurden sie von einer Gruppe Kayapó, die mit Gewehren und Buschmessern bewaffnet waren und sie stundenlang festhielten. Bereits im Juli hatten Greenpeace-Aktivisten bei einem Flug über das Reservat im Süden des Bundesstaats Pará Abholzungen in großem Stil beobachtet und daraufhin die Regierung alarmiert. Als nun die staatlichen Kontrolleure auftauchten, waren die Arbeiter der Holzfirmen mitsamt ihrem stattlichen Maschinenpark verschwunden – offenbar hatten sie von der Razzia Wind bekommen. Die Koordination der „Operation Xingu“ lag beim Präsidialamt in Brasília.

Die als besonders eigenständig und kämpferisch geltenden Kayapó sind schon seit Jahren am illegalen Holzeinschlag beteiligt. Als Begründung führen sie an, sie würden von der Regierung vernachlässigt. „Es fehlt an Geld, Medikamenten, Ärzten“, so ihr Sprecher Tokran Kayapó. Gerade die Indianerbehörde Funai hatte sie in den 80ern dazu animiert, ins Holzgeschäft einzusteigen. Dabei ziehen die Kayapó stets den Kürzeren: Für einen Mahagonibaum, der 2,5 Kubikmeter Holz ergibt, erhalten sie umgerechnet 50 Mark, auf dem Weltmarkt hingegen kostet der Kubikmeter über 2.000 Mark. In Brasilien stehen die verbleibenden Mahagonibestände fast ausschließlich auf Indianerland oder in Naturschutzgebieten. 80 Prozent der Bäume im brasilianischen Amazonasgebiet werden illegal gefällt, doch auch der „legale“ Teil des Geschäfts mit selektivem Holzeinschlag trägt zur Entwaldung bei. Jahr um Jahr schrumpft der Primärwald um rund 17.000 Quadratkilometer.

„Die Regierung hat keine seriöse und schlüssige Politik für Amazonien“, kritisierte Egon Heck vom Indianermissionsrat Cimi gegenüber der taz. „Sie fördert den Holzexport und zögert die dringend erforderliche Abgrenzung und Sicherung von Indianergebieten hinaus.“

In Pará sind staatliche Kontrolleure immer wieder in Korruptionsfälle verwickelt. Zwar können hohe Geldstrafen gegen Umweltsünder verhängt werden, doch von diesem Druckmittel macht die Regierung wenig Gebrauch. Die spärliche Präsenz der Umweltbehörde im riesigen Amazonasgebiet soll sogar noch reduziert werden. Die Tageszeitung Jornal do Brasil sah in der Razzia denn auch primär einen Versuch, „die internationale Gemeinschaft durch eine konkrete Aktion gegen die Entwaldung zufrieden zu stellen“.

Schon seit 1996 werden keine neuen Lizenzen zur Mahagoniausbeutung mehr erteilt. „Doch diese Maßnahme ist praktisch wirkungslos“, meint Ruy de Goes, Amazonienspezialist von Greenpeace, „der Raubbau geht unkontrolliert weiter.“ Die Umweltschützer fordern eine Revision aller bestehenden Lizenzen und Nutzungspläne. Außerdem solle Mahagoni endlich von der „Konvention über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen“ (Cites) erfasst werden. Einem solchen Schritt hatte sich Brasília immer erfolgreich widersetzt.