Regierung grob abgewatscht

In Litauen löst ein sozialdemokratisches Bündnis die Konservativen an der Macht ab

STOCKHOLM taz ■ Sozialliberale und Sozialdemokraten sind die Gewinner der Parlamentswahlen in Litauen am vergangenen Sonntag. Mit 31,6 Prozent wurde das sozialdemokratische Wahlbündnis klarer Sieger der Wahl und kann mit der sozialliberalen „Neuen Union“, die auf 19,6 Prozent kam, eine Koalition bilden. Chef der Sozialdemokraten ist der 68-jährige ehemalige Kommunist Algirdas Brasauskas, der 1990 als Erster die Lösung einer Sowjetrepublik von Moskau herbeiführte. Von 1993 bis 1997 war er Präsident Litauens. Im Wahlkampf machte er deutlich, dass auch er sein Land zum Mitglied der EU und der Nato machen will, die Privatisierung von Schlüsselindustrien aber bremsen will.

Mit acht Prozent erlitt die bislang regierende konservative Vaterlandsallianz eine blamable Niederlage – die Quittung für Skandale und gebrochene Versprechungen der Konservativen.

Die Konservativen vergaßen in ihrem Bestreben, die litauische Ökonomie für eine schnelle EU-Mitgliedschaft auf marktwirtschaftliche Stromlinienform zu bringen, den „kleinen Mann“. Die große Mehrheit der LitauerInnen muss von einem Einkommen leben, das gerade dem gesetzlichen Mindestlohn von 100 Dollar entspricht oder gar noch darunter liegt. Die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei zehn Prozent, in einigen ländlichen Gebieten aber dreimal so hoch. Die Konservativen wollten den Verteidigungshaushalt kräftig aufstocken und dafür Schulen im Winter schließen.

REINHARD WOLFF