Schily trommelt gegen NPD

Innenminister von Bund und Ländern für Verbot der NPD: Erkenntnisse über Radikalisierung der Partei ermöglichten eine Vorlage beim Verfassungsgericht. Bundesrat und -tag sollen zustimmen

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung macht Ernst mit einem Verbot der NPD: Bundesinnenminister Schily erklärte gestern bei einem gemeinsamen Auftritt mit drei Innenministern der Länder, die Erkenntnisse der Verfassungsschützer seien ausreichend für einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht. Gestützt auf die Erkenntnisse einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe betonte Schily: „Das Material ist sehr schwer wiegend“ und belege insbesondere die „aggressiv-kämpferische Einstellung der NPD“ – ein wesentliches Kriterium für den Erfolg des Antrags. Die Minister rechtfertigten den extremen Schritt eines Verbotsantrags mit einer „Radikalisierung“ der Partei. „Die NPD 2000 ist anders als die NPD des Jahres 1990“, sagte Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU). Die Partei sehe sich selbst als Anführerin im Kampf um die Straße. Der stellvertretende Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Manfred Püchel (SPD) aus Sachsen-Anhalt, hob eine stärkere Vernetzung zwischen rechtsextremen Kameradschaften und der Partei hervor. Bis zu einem formellen Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht wird trotzdem noch einige Zeit vergehen. Zunächst soll die Innenministerkonferenz entscheiden. Mit der Zustimmung von Bundesrat und Regierung rechnet Schily noch Anfang November. Die Beratungen im Bundestag könnten womöglich länger dauern. Erst wenn grundsätzliche politische Einigkeit erzielt ist, könnte nach Ansicht von Beckstein die detaillierte juristische Ausarbeitung eines Verbotsantrags auf mehreren hundert Seiten erfolgen.

In den vergangenen Wochen waren sich die Experten uneinig, wie das Verfassungsgericht entscheiden würde. Der ehemalige Verfassungsrichter Dieter Grimm sagt heute in der taz, für ein Verbot sei entscheidend, dass die Partei die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stelle. PATRIK SCHWARZ

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