Dem Glauben Treu: christlich, deutsch

■ Mit der Einstellung muslimischer Erzieherinnen tut sich die Evangelische Kirche in Bremen noch schwer / Kitas konnten Türkin bislang nur stundenweise beschäftigen

An der Basis ist man längst multi-kulti: Der Ausländer-Anteil bei einigen evangelischen Kitas im Bremer Westen liegt zum Teil an 50 Prozent. Doch die Betreuung der Kinder ist einheitlich: deutsch und christlich. Andere evangelische Landeskirchen haben zum Teil wenig Probleme, muslimische Kräfte als Mittler zwischen Sprach- und Kulturwelten einzustellen. Bei der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) dagegen sei das seit Jahren „ein Buch mit sieben Siegel“, meint die Lüssumer Pädagogin Jutta Wedemeyer.

Aus pädagogischer Sicht ist der Fall klar: „Mit Beginn des Kindergartens werden „3-Jährige in die deutsche Gesellschaft geschmissen, die bis dahin oft kein Deutsch konnten und mit denen man höchstens Körperkontakt aufnehmen kann“, sagt eine Erzieherin aus Walle. Für eine Handvoll Kindergärten in Bremen war das vor Jahren „Anlass, nach türkischen Praktikanten zu suchen“.

Aber eine Festanstellung türkischer Kräfte muslimischen Glaubens war mit der Evangelischen Kirche im Land kaum zu machen. „Das ist ein anerkannter Grundsatz bei beiden christlichen Kirchen“, erklärt Sigrid Bornhold, Juristin bei der Bremischen Evangelischen Kirche, die als größter freier Träger rund ein Viertel der Kitas in Bremen betreibt. „Im Moment sehen wir auch keinen Anlass, diese Einstellungsvoraussetzung zu ändern.“

So hatten die Kitas der BEK in Lüssum und Gröpelingen bislang zum Beispiel eine türkische Kraft immer nur stundenweise beschäftigen können – seit elf, beziehungsweise 20 Jahren. Anträge auf Festanstellung muslimische Kräfte, sagt ein Insider, hätten noch vor Jahren eine „Lawine“ im Kirchenausschuss ausgelöst. „Jetzt wird das offenbar auch in Bremen Gesprächsthema“, meint der Islambeauftragte der BEK, Heinrich Kahlert. Von anderen Landesverbänden weiß er, dass die „heikle Frage ganz unterschiedlich gehandhabt wird“: Im Rheinland soll es zum Beispiel keine Probleme bei der Anstellung türkischer Kräfte geben.

Auf muslimische Kinder will heute aber auch die BEK nicht mehr verzichten. „Wenn wir die alle nicht mehr aufnehmen würden, bliebe rund ein Drittel unserer Plätze frei“, schätzt die Pädagogin Katharina Kamphoff aus Gröpelingen. Heute sehe man zu, „wie wir die Gruppe am besten voll kriegen“. Und türkische Eltern schicken ihren Nachwuchs in die evangelischen Kitas, weil sie manchmal einfach näher am Wohnort liegen, oder weil dort ihre Kids bis zur Schule gut Deutsch lernen sollen.

Für den grünen Migrationsbeauftragten Matthias Güldner ist die ganze Diskussion ziemlich absurd: „Schließlich kriegt die Kirche ja Kohle von den Eltern für die Betreuung ihrer Kinder.“ Und auch von der Stadt fließt ein satter Zuschuss von rund 30 Millionen Mark pro Jahr. Entsprechend müsse man auch für die passende pädagogische Betreuung sorgen.

Insider vermuten, dass Kirchensteuern und altbackene Ideologie der BEK im Wege stehen, die eigenen Gesetze zu lockern. Für BEK-Personalchef Jörg Zimmermann ist das kein Thema: „Es ist nicht der böse Wille.“ Er räumt aber ein, dass man abhängig sei „von den Mitgliedern, den Kirchensteuern, um existieren zu können.“ Im Kirchenausschuss werde von „Fall zu Fall entschieden“ und nur vereinzelt Berufspraktikanten zugelassen.

In Lüssum und Gröpelingen gibt es inzwischen eine Chance auf Anstellung der beiden muslimischen Mitarbeiterinnen. Nicht durch einen Gesinnungswandel bei der BEK, sondern weil sie durch das neue Scheinselbstständigen-Gesetz nicht zu halten wären – und beide als Honorkräfte seit etlichen Jahren stundenweise im Dienst der Kirche jobbten. pipe