Rambo-Jünger der Diktatur

Marko Milošević, Sohn des gestürzten Diktators von Belgrad, sucht eine neue Heimat

Glasnudeln und Haifischflossensuppe wird Marko Milošević, Sohn des geschassten jugoslawischen Staatspräsidenten, in einem Pekinger Spezialitätenrestaurant vorerst nicht goutieren können. Kaum in Peking gelandet, wurde der 26-Jährige samt Frau und Sohn wieder nach Moskau zurückgeschickt.

Derweil atmen die Bewohner von Pozarevac, Geburtssstadt von Milošević senior und seit Jahren persönliche Spielwiese des Stammhalters, auf. Denn eine der liebsten Freizeitbeschäftigungen des jungen, aufstrebenden Geschäftsmannes war es bis vor kurzem, seine Mitmenschen zu terrorisieren. Dabei waren Spritztouren in Jeeps mit getönten Fenstern noch die harmloseste Variante. Als Fahrer war Marko ohnehin unschlagbar. Schießlich schaffte er es innerhalb von zwei Jahren, 30 Wagen seines Freundes und Besitzers eines Rennstalls, Vlada Kovacivić-Tref, zu Schrott zu fahren.

Doch wie sein Vater tat Marko Milošević auch etwas für das Volk – besonderes für diejenigen, die das nötige Kleingeld hatten. Im Vergnügungspark Bambi und in der Nobeldisko „Madonna“ zelebrierten Milošević und Co. ihren wohl verdienten Feierabend.

Doch der ungeheure Reichtum Markos, der in Pozarevac eine fürstliche Residenz bewohnt und neben einem ansprechenden Fuhrpark auch noch eine Yacht besitzt, stammt in der Hauptsache wohl kaum aus seinen eigenen Betrieben wie einer Bäckerei und einem Computershop in seiner Heimatstadt sowie der Parfümerie „Skandal“ im Zentrum von Belgrad. Die lukrativen Geschäfte wurden andernorts gemacht. So soll Milošević junior vor allem mit dem Schmuggel von Zigaretten, Öl und Drogen sein Konto gut gefüllt haben.

Daher verwundert es kaum, dass Marko von jeher mit der Presse auf Kriegsfuß stand. Ärgerte er sich über einen Artikel, schaute der Präsidentensohn in der Redaktion gern persönlich vorbei oder schickte Polizisten. Die betreffenden Journalisten durften ihre Verletzungen wie Rippenbrüche und Prellungen dann im Krankenhaus behandeln lassen. Einen Prozess wegen Beleidigung gegen die Zeitung Srpska rec gewann Milošević und erhielt knapp 18.000 Mark vom Gericht als Wiedergutmachung zugesprochen.

Doch nun scheint es sich für den Sunnyboy ausgetobt zu haben. In der vergangenen Woche während der Massenproteste zerlegten aufgebrachte Demonstranten die Etablissements von Marko Milošević in Einzelteile. Bei einem zerstörten Geschäft hatten die Randalierer ein Graffiti zurückgelassen: „Geh und beschwere dich bei deinem Vater!“

BARBARA OERTEL