Nur noch laue Kritik an Kanzler Schröder

Die Union fühlt sich zu stark von der Regierung vereinnahmt. Merz kritisiert Zuwanderungspolitik

BERLIN taz ■ Friedrich Merz lässt kein gutes Haar an der Regierung. Die Union ziehe eine „im Wesentlichen negative“ Halbzeitbilanz, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gestern vor Journalisten.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) versuche beim Regieren, alle politischen Parteien einzubinden – „damit wir alle Ja sagen“. Selbst vor einem Gespräch mit dem bisherigen PDS-Vorsitzenden Lothar Bisky scheue Schröder nicht zurück. Den Einwand, auch Altkanzler Helmut Kohl habe sich mit dem Fraktionsvorsitzenden der PDS, Gregor Gysi, getroffen, ließ er nicht gelten. Der Kanzler wolle Einigkeit um jeden Preis. Dabei störe jeder, der sich dem Konsens nicht anschließe. Schröder versuche auch die Union mit dieser Strategie einzubinden.

Merz vermisst konkrete politische Initiativen der Regierung sowohl in Sachen Rechtsextremismus als auch in der Ausländerpolitik. Bevor sich die Union zur Frage eines NPD-Verbots äußere, müsse die Regierung zunächst einmal eine Entscheidung treffen ob sie den Verbotsantrag stellen wolle. „Dies ist eine klassische Aufgabe der Regierung.“ Hinsichtlich der Chancen eines Verbotsantrags gibt sich Merz skeptisch: „Ich zögere, ob dies auch der politisch richtige und angemessene Weg ist.“ Wenn Schröder die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat haben wolle, solle er den Abgeordneten das die NPD belastende Material vorlegen.

Merz hält das Zögern der Bundesregierung für symptomatisch. Wichtige Themen wie die Ausländerpolitik gehe sie nicht an. Um die Zuwanderung zu regeln, müsse noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz auf den Weg gebracht werden. „Ich halte die Lösung des Problems, das wir in Deutschland mit Ausländern haben, für überfällig“, sagte Merz. Angesichts der globalen und europäischen Migrationsentwicklungen sei das Thema heute wichtiger als noch im Frühjahr. Von ausländerfeindlichem Klima und beinahe täglichen gewalttätigen Übergriffen in der Bundesrepublik sagte Merz dagegen kein Wort. Mehr noch: Der Oppositionsführer wollte nicht ausschließen, dass die Union die Ausländerpolitik wie schon bei der hessischen Landtagswahl auch bei der nächsten Bundestagswahl zum Wahlkampfthema macht. Das lasse sich nur verhindern, so Merz, wenn das Problem vorher gelöst werde.

Für das kommende Frühjahr kündigte er eigene Vorschläge zu den Bereichen Einwanderung und Integration an. Unter anderem will die Union prüfen, ob sich die Dauer der Asylverfahren in Deutschland verkürzen lasse. Es sei unerträglich, dass die Verfahren fünf bis sechs Jahre dauerten. Die Qualität des Asylrechts stehe damit nicht zur Diskussion. Mit der Green Card habe die Regierung das Thema Zuwanderung zwar „angedacht, aber dann nicht zu Ende gedacht. Ein wirkliches politisches Fundament steckt nicht dahinter“.

Die Grünen reihen sich nach Ansicht von Merz nahtlos in dieses Bild ein. In der Geschichte der Bundesrepublik sei noch nie ein Regierungspartner „so leicht zu haben gewesen“ wie sie. Bei allen wichtigen Themen habe die Partei am Ende doch zugestimmt.

Bei diesem Rundumschlag gegen die rot-grüne Regierungsarbeit blieb für Selbstkritik wenig Raum. Die Aufklärungsarbeit in Sachen Parteispendenskandal sei abgeschlossen. „Wir haben unseren Beitrag dazu geleistet.“

NICOLE MASCHLER