„Dann fliegt er raus“

Baden-Württembergs CDU-FDP-Regierung will Ausländer zu Deutschkursen verpflichten. Wer sich weigert oder nicht besteht, soll das Land verlassen

BERLIN taz ■ Die baden-württembergische Landesregierung will Ausländer, die nach Deutschland einreisen und auf Dauer bleiben wollen, zur Teilnahme an Deutsch- und Integrationskursen verpflichten. Innenminister Thomas Schäuble (CDU) kündigte gestern an, sein Land werde eine entsprechenden Gesetzentwurf im Bundesrat einbringen. Offenbar handelt es sich dabei um eine Solo-Aktion Baden-Württembergs. „Es gab keine Kontakte zu anderen Bundesländern“, betonte Schäubles Sprecherin gegenüber der taz.

Nach Schäubles Vorstellungen sollen Ausländer an den Integrationskursen „unverzüglich nach ihrer Einreise teilnehmen“. Die Kurse sollen 720 Pflichstunden umfassen, „Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift“ und die „Grundzüge der Rechtsordnung“ vermitteln.

In dem Gesetzentwurf sind auch Sanktionen vorgesehen, wenn sich Ausländer weigern, an den Kursen teilzunehmen oder wenn sie diese nicht bestehen. In bestimmten Fällen könne dann „der weitere Aufenthalt versagt werden“. Diese Drohung gelte allerdings nicht für EU-Bürger, für anerkannte Asylbewerber oder für Ausländer, die aus anderen Gründen ein Bleiberecht haben.

Der kleine Stuttgarter Koalitionspartner FDP trägt den Gesetzentwurf mit. Die Vorbereitung sei „nicht ganz ohne Diskussion“ verlaufen, betonte der Leiter der Stabsstelle für Ausländerfragen im Justizministerium, Andreas Knapp (FDP).

Zu den angedrohten Sanktionen äußerte sich Knapp noch deutlicher als CDU-Mann Schäuble. Wenn ein Ausländer den Kurs nicht binnen eines Jahres bestehe, „dann fliegt er raus“, so Knapp zur taz. Dies sei aber „technisch keine Ausweisung, sondern eine Nichtverlängerung der Aufenthaltsberechtigung“. Und: „Asylberechtigte können wir natürlich nicht rausschmeißen“, betonte Knapp. Wenn eine Ausweisung aus rechtlichen Gründen nicht in Frage komme, müssten die Betroffenen zumindest mit der Kürzung von öffentlichen Leistungen oder mit einem Bußgeld rechnen.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, lehnte derartige Drohungen gestern ab. „Das ist Quatsch“, sagte Özdemir zur taz. Auch er befürwortet jedoch grundsätzlich die Einführung von verpflichtenden Integrationskursen nach holländischem Vorbild. Von der Teilnahme an den Kursen will Özdemir den „Zugang zum Arbeitsmarkt“ abhängig machen. Im Gegensatz zur Stuttgarter Regierung befürwortet Özdemir auch Integrationskurse für Asylbewerber und Aussiedler. LUKAS WALLRAFF