Rock-Recycling

■ Papa Roach mit pfiffig zusammengeklautem Crossover-Rock

Rock ist einfach nicht mehr, was er mal war, zumindest in den Vereinigten Staaten. Völlig runderneuert zeigt sich die Gitarren-Liga seit etwa fünf Jahren: Alte Größen sind verschwunden, Heavy Metal versinkt in der Bierbauch-Fraktion, Grunge ist aus den Karohemden herausgewachsen und hat sich verabschiedet. Aggressive Jungspunde rocken die Jugendzimmer, „New Metal“ wird verkündet und zieht eine ungewohnt verschworene Gemeinschaft an Bands im Dunstkreis von Korn und Limp Bizkit nach sich. Neueste Geburt: die vier Burschen von Papa Roach.

Neu ist dabei übertrieben, bereits 1993 gründeten die Highschool-Freunde Jacoby Shaddix, Jerry Horton, Dave Buckner und Will James in Vacaville, Northern California ihre Band. Ein paar EPs und lokale Konzerte sowie drei Jahre später hatte Bassist Will zu gehen, weil er den Sommer in christlichen Ferienlagern verbrachte, und der 16-jährige Roadie Tobin Esperance sprang ein. Es folgten der erste Longplayer und das Vorprogramm von Suicidal Tendencies und Everlast.

Zum „next big thing“ avancierten Papa Roach dann durch ihr zweites Album Infest: Sie wurden für die prestigeträchtigen Family Value-Festivals gebucht, MTV adelte die Jungs außerdem mit einem Auftritt bei den „Video Music Awards“.

Bei allem Rummel – nüchtern betrachtet dürfte kaum ein Album so dermaßen unverschämt zusammengeklaut sein wie Infest. Jedes Hören hinterlässt den selben Eindruck: „das klingt ja wie...?“ Wie Bad Religion oder Faith No More in jedem Fall, was vielleicht an Coby Dicks Gesang liegt. Auch musikalisch überschwemmen einen – freundlich gesagt – Zitate: Iron Maiden-Riffs, mal jammert es wie bei Korn, und die Geradlinigkeit der letzten Anthrax- oder Helmet-Alben kommt auch durch. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Wozu also eine Band wie Papa Roach? Vielleicht lässt es sich in einer Rock-Platitüde erklären: Sie gehen richtig ab. Ihnen gelingt, was ihren alternden Vorbildern, etwa Bad Religion, versagt scheint: nicht nur schnell und laut, sondern überdies straight und groovy zu sein. Bereits fünf Tage nach der Hamburg-Show werden Papa Roach gemeinsam mit Limp Bizkit und Eminem touren. Also: zugreifen, denn in einem kleinem Club gibt es sie danach sicher nicht mehr. Und schließlich: Welche Band singt im Jahre 2000 noch Rock-Wahrheiten: „Take my money, take my posession, take my obsession, I dont need that shit!“? Volker Peschel

Sonnabend, 21 Uhr, Logo