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Weil es ums Geld der Redakteure ging, wollte die „Lausitzer Rundschau“ einer Betriebsrätin kündigen – und wird sie jetzt erst recht nicht mehr los

aus Cottbus STEFFEN GRIMBERG

Die Lausitzer Rundschau hat’s schwer. Sie wird ihre Chefreporterin Sandra Daßler nicht los. Gestern kassierte das Arbeitsgericht Cottbus die Kündigung der Journalistin, für die nach Auffassung der Geschäftsführung im neuen redaktionellen Konzept der LR kein Platz mehr sei.

Der Versuch der zum Holzbrinck-Konzern gehörenden LR, sich der engagierten Betriebsrätin zu entledigen, ist so zwar zunächst gescheitert. Das Vorgehen des Großverlages, der neben der LR auch beim Handelsblatt, dem Berliner Tagesspiegel, der Saarbrücker Zeitung und der Zeit den Ton angibt, bleibt aber bemerkenswert. Daßler, so heißt es intern bei der LR, war der Geschäftsführung vor allem wegen ihres Einsatzes in den Verhandlungen über den immer noch nicht unterzeichneten Haustarif für die über 90 RedakteurInnen zu unbequem geworden. Gekündigt wurde ihr allerdings wegen angeblich mangelnder journalistischer Qualität. Peter Stefan Herbst, Chefredakteur der LR, schrieb dem Betriebsrat zur Kündigung, dass er nicht mehr gewillt sei, „journalistische Arbeiten von Sandra Daßler zu verantworten, da ihr redaktioneller Stil nicht mehr in die künftige Tendenz der Lausitzer Rundschau“ passe.

Qualitätsoffensive ist das Schlagwort – nur: Worin dieses „qualitative Mehr“ an journalistischer Arbeit und damit die neue Tendenz der LR liegen soll, erschloss sich gestern auch dem Vorsitzenden Richter nicht. „Das ist schlichtweg zu schlagwortartig und lässt nicht erkennen, worin die neue Tendenz bestehen soll“, so Bernd Opitz zur Darstellung der LR. Zudem: Sandra Daßler ist Trägerin mehrerer Journalistenpreise, zu denen ihr Chefredakteur Herbst stets gratulierte und auch stolz auf der Titelseite des Cottbusser Blattes verkündete. Geschäftsführung und Chefredaktion bleibt dabei: „Über Tendenzgründe wird nicht diskutiert“, so Rechtsanwalt Johannes Weberling für die LR, das sei schließlich ein wesentlicher Bestandteil der Pressefreiheit – und außerdem stehe „bei Tendenzgründen der Arbeitgeber immer auf der stärkeren Seite“.

LR-Chefredakteur Peter Stefan Herbst bleibe daher bei seinem Entschluss, auch nach dem Scheitern der Kündigung Artikel von Sandra Daßler „nie wieder ins Blatt zu nehmen“.

Pressefreiheit in der Holzbrinck-Definition? Jedenfalls setzt der Stuttgarter Medienkonzern damit auf eine in Arbeitsprozessen übliche Zermürbungstaktik. Ein solches Schreibverbot kommt einer beruflichen Kaltstellung der Betroffenen gleich, da ihnen das Arbeiten für andere Medien zumeist vertraglich untersagt ist.

Dass sich die LR-Geschäftsführung mit dem gestrigen Urteil abfindet, ist ohnehin ausgeschlossen. Sollte kein Vergleich zustande komen, will Weberling bis zum Bundesarbeitsgericht gehen. Für einen Vergleich ist die seit mehreren Jahren an Auflage verlierende LR natürlich gerne zu haben. Dafür würde man sogar eine Ehrenerklärung abgeben, dass „die Tendenzgründe keinen Angriff auf die journalistische Reputation von Frau Daßler“ darstellten. Kann sie am Ende also doch was?