Heilung unter erschwerten Bedingungen

■ Jahrestreffen der Psychosozialen Zentren für Folteropfer in Bremen: Trauma und Politik gehen schwer zusammen

Als Exil-Chilenen vor 20 Jahren in Frankfurt die erste psychologische Zuflucht- und Beratungsstelle für Flüchtlinge gründeten, ahnten sie nicht, dass aus ihrer Idee eine Bewegung werden würde. Die trägt heute den Namen Baff, „Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer“, und hält ihr diesjähriges Bundestreffen in Bremen ab – zeitgleich zum zehnten Geburtstag des hiesigen Beratungs-Zentrums, Refugio.

Rund 90 PsychologInnen, TherapeutInnen, MedizinerInnen und SozialarbeiterInnen werden zu der Tagung „Mit Leib und Seele – Lebensbedingungen und Behandlung traumatisierter Flüchtlinge“ – erwartet. Am Samstag (10.30 Uhr) wird die Fachtagung mit einer öffentlichen Debatte über die „Politischen Rahmenbedingungen der Rehabilitiation von traumatisierten Flüchtlingen“ beendet, zu der auch Innensenator Bernt Schulte (CDU) und die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne) kommen werden. „Wir können unsere therapeutische Arbeit nicht getrennt von der Politik sehen“, so die VeranstalterInnen bei der gestrigen Pressekonferenz. Die Lebensbedingungen von Flüchtlingen würden die Heilerfolge oft wesentlich beeinflussen – sofern diese überhaupt möglich seien.

Noch steckt die Forschung zum Thema Traumatisierung durch Folter und Menschenrechtsverletzungen in ihren Kinderschuhen. Man ringt um eine neue Definition des Begriffs – auch um ihn vom herkömmlichen Traumabegriff, der beispielsweise ein Unfallerlebniss betreffen könnte – in Diagnostik und Behandlung zu unterscheiden. „Die Erfahrung von Menschen, durch Folter oder wiederkehrende Vergewaltigung verletzt und erniedrigt zu werden, ist besonders tiefgehend“, so die Fachleute. Das so zerstörte Grundvertrauen wirke sich auf alle Beziehungen aus – aber auch auf die Gesundheit. Albträume, Schlafstörungen, Migräne, Flash-Backs und Angstzustände sind nur ein Teil der Beschwerden, die im Zusammenhang mit „posttraumatischen Belastungsstörungen“ genannt werden. Dabei geht man ersten Studien zufolge davon aus, dass in 20 Prozent der Traumatisierungen die Krankheit nicht heilbar ist, sondern chronisch verläuft. Besonders in diesen schweren Fälle, die zahlreiche bosnische Kriegsflüchtlinge betreffen, setzen sich die Psychosozialen Zentren für verstärkte Unterstützung ein. „Für diese Kranken ist die therapeutische Betreuung in Bosnien und Herzegowina nicht gewährleistet“, so Koch vom Berliner Zentrum Xenos. ede

Ab 9 Uhr Vortrag zu „Instrumentalisierung von Psychotherapie und Medizin im Rahmen des Ausländerrechts“. Ort: Stephani-Gemeinde, Stephani Kirchhof 8