Konsens am Ende

Gegenseitige Vorwürfe bei der Parlamentsdebatte über den besseren Schutz jüdischer Einrichtungen

Vier Wochen nur dauerte es vom wohlklingenden Konsens zurück in den Zwist des parteipolitischen Alltags. Hatten Sprecher aller vier Fraktion in der vorletzten Parlamentssitzung noch wohlklingende Bekenntnisse zur gemeinsamen Abwehr des Rechtsextremismus abgelegt, so dominierte gestern wieder der innenpolitische Streit um Videoüberwachung und Versammlungsverbote. Und das, anders als im September, diesmal vor weitgehend leeren Bänken vor allem beim Senat und der CDU-Fraktion.

Nur widerwillig hatten die Koalitionsfraktionen den Vorschlag der Opposition akzeptiert, über den „Schutz der jüdischen Einrichtungen“ im Plenum überhaupt zu debattieren. Dann zog die CDU gegen Grüne und PDS umso heftiger vom Leder – und bezog den sozialdemokratischen Koalitionspartner in die Schelte gleich mit ein. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Roland Gewalt, wies den Video-Gegnern gar eine Mitschuld an den jüngsten Vorfällen zu. Hätte eine Kamera an der Synagoge am Kreuzberger Fraenkelufer nach geltendem Gesetz nicht wieder abmontiert werden müssen, so die Theorie des CDU-Abgeordneten, „dann hätte es den jüngsten Vorfall vielleicht nicht gegeben“.

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) warf der Opposition vor, sie wolle „aus Polizisten Sozialarbeiter und aus Verfassungsschützern Arbeitslose“ machen. Werthebach forderte „etwas mehr Redlichkeit und etwas weniger Verweigerung“.

Der SPD-Abgeordnete Klaus-Uwe Benneter machte dagegen klar, dass seine Partei „ausgedehnten“ Versammlungsverboten über den Bereich des Brandenburger Tors hinaus ebenso wenig zustimmen werde wie „flächendeckenden Videoüberwachungen“. Er gab den Ball an den Justizsenator und Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zurück, indem er die „erbärmlichen Bedingungen“ beklagte, unter denen die Staatsanwaltschaften und Gerichte arbeiten müssten. Der grüne Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland warf dem Innensenator vor, er instrumentalisiere die rechtsradikalen Vorfälle. Werthebach strebe eine Arbeitsteilung an, „wonach die Opposition wegen des Ernstes des Themas schweigt, während der Innensenator einen Parforceritt gegen die Bürgerrechte veranstaltet“. RALPH BOLLMANN