Doch keine Verarschung

■ Mallorca-Mord: Landgericht Hamburg verurteilt Angeklagten wegen Mordes und Vergewaltigung zu lebenslänglicher Haftstrafe

Er kaut Kaugummi, während über ihn Recht gesprochen wird. Dann will er wieder gehen. „Muss ich mir die Verarschung hier anhören?“ pöbelt Andreas O. dem Vorsitzenden Richter entgegen, der ihn soeben zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt hat. Er muss. Und kaut weiter vor sich hin, während die Kammer des Landgerichtes die Indizien darlegt, die sie zu der Überzeugung führten, dass der Hamburger Feuerwehrmann im Mai vorigen Jahres die Spanierin Maria del Carmen auf Mallorca vergewaltigt und ermordet hat.

Deren Familie ist mit im Saal. Elf Angehörige sind aus Mallorca angereist, Fotos der ermordeten Maria am Revers. Von vornherein stand für die Eltern fest, dass Andreas O. der Mann ist, der ihre Tochter tötete. Nun, da das Gericht diese Überzeugung bestätigt hat, da es Andreas O. einen Mörder nennt, ballt Marias Vater die Faust in dessen Richtung, jetzt darf er das, die Unschuldsvermutung ist widerlegt. Das Gericht hält Andreas O. in der Urteilsbegründung vor, dass er großes Leid über Marias Familie gebracht hat, und wünscht dieser, mit dem Abschluss des Verfahrens endlich etwas Ruhe zu finden.

Fünf Monate lang war die 28jährige Spanierin vermisst worden, ehe im November die schlimmsten Befürchtungen ihrer Familie Gewissheit wurden: Unter einem Gebüsch fand man die Leiche der jungen Frau. Als Letzter lebend gesehen hatte sie Andreas O., der damals auf Mallorca als Tauchlehrer jobbte. In der Nacht ihres Verschwindens nahm er Maria im Auto von einer Diskothek mit. Um die betrunkene Frau ins Krankenhaus zu fahren, behauptete er, um „sie sexuell zu mißbrauchen“, sagte gestern das Gericht.

Er fuhr mit ihr auf einen einsamen Feldweg, und nun sind laut Gericht zwei Abläufe möglich, von denen „sich einer mit Sicherheit ereignete“: Entweder erdrosselte Andreas O. die sich wehrende Maria mit ihrer Bluse, während er sie vergewaltigte. Oder aber er tötete sie anschließend, damit sie ihn nicht der Vergewaltigung beschuldigen könne. Fest steht nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls, dass „Maria im Zusammenhang mit dem von Andreas O. verübten Sexualdelikt getötet wurde“.

Der Verteidiger des Angeklagten, der Rechtsanwalt Ernst Medecke, hatte in seinem Plädoyer gewarnt, dass der Tatverdacht allein auf Indizien gestützt werde und diese die Schuld seines Mandanten nicht eindeutig belegen könnten. Das Gericht räumte ein, dass „nicht in allen Einzelheiten“ aufgeklärt werden konnte, was sich in jener Nacht auf Mallorca ereignete. „In den entscheidungserheblichen Punkten konnte aber geklärt werden, was geschah.“ Dem widerspricht Medecke. Der kündigte nach der Verhandlung an, Revision gegen die Verurteilung einzulegen.

Eine Schwester von Maria, Monica del Salto, nahm die Ankündigung ruhig hin. Fassungslos aber zeigte sie sich über das Verhalten von Andreas O. vor Gericht: „Er ist sehr kalt.“ Elke Spanner