Galopprennbahn: Kirche macht die Pferde scheu

■ Gemeinde Arbergen will Ländereien in der Marsch nicht verkaufen und könnte so den Bau der geplanten Trainingsbahn für etwa 11,5 Millionen Mark verhindern

„Wir verkaufen auf keinen Fall.“ Christian Rohlfing, Vorstandsvorsitzender der evangelischen Johannis-Gemeinde in Arbergen, vertritt Ende dieses Monats die kleine Gemeinde im Bremer Osten bei Verhandlungen mit der Bremer Investitionsgesellschaft (BIG). Die BIG versucht seit August, das Kirchenland für die in der Marsch geplante Trainingsbahn für Galopp-Rennpferde aufzukaufen. „Unser Vorstandsbeschluß ist einstimmig“, sagt Rohlfing, und wenn die Gemeinde standhaft bleibt, könnten die Planer des Pferdesportparks ein Problem bekommen.

Schon in diesem Herbst sollten die Bauarbeiten auf dem 75-Hektar-Gelände in der Arberger Marsch beginnen. Weil die Rennbahn in der Vahr mit Tribünen und Hotel modernisiert wird, stören dort die Stallungen und der Trainingsbetrieb. Anfang September und ohne den zuständigen Hemelinger Beirat vorher zu informieren, beschloss die Deputation für Bau und Umwelt, das Gebiet zwischen Kluvenhagener Straße, der Bundesautobahn A 1 und der Bahnstrecke Dreye-Sagehorn aus dem Landschaftsschutzprogramm herauszunehmen und damit den Weg für den Bau der Trainingsbahn freizumachen. „Die Flächen im Planbereich befinden sich überwiegend in städtischem Besitz“, heißt es in der Deputationsvorlage.

Aber „überwiegend“ heißt eben: nicht alle. Nachdem die Verhandlungen der BIG mit Bauern und einer auf dem Grundstück gelegenen Gärtnerei so gut wie abgeschlossen sind, bleiben immer noch rund vier Hektar im Westen der geplanten Anlage, die im Besitz der Arberger Johannis-Gemeinde sind. Der Chef der Rennbahn GmbH, Günter Gudert: „Wir haben bereits Alternativ-Planungen in Auftrag gegeben. Zur Not weichen wir nach Osten in die Mahndorfer Marsch aus.“ Der Arberger Pastor Blüthner mag an diese Alternativen nicht so recht glauben. „Die bluffen jetzt im Vorfeld des Gesprächs“, vermutet er, zumal die Kirchengrundstücke auf jeden Fall von den Planungen einer Auto-Trasse berührt werden, die nach den Entwürfen der Baubehörde nicht nur die Trainingsbahn, sondern auch das geplante Gewerbegebiet Hansalinie erschließen soll.

Bei der BIG sind die Verkaufsverhandlungen zur Chefsache erklärt worden. Geschäftsführer Ulrich Keller wird daran teilnehmen. Für die Hanseatische Veranstaltungs-GmbH (HVG), Mutter der Rennbahn GmbH, soll Frank Haller ins Rennen geschickt werden. Der Direktor des Bremer Ausschuss für Wirtschaftsforschung (BAW) wurde als „externer Berater“ von der HVG engagiert, das Projekt Trainingsbahn zu koordinieren. „Er hat den nötigen Pferdeverstand“, lacht Michael Göbel, Chef der HVG. „Haller hat das Projekt ja schon in seiner Zeit als Staatsrat im Visier gehabt.“ Marlene Haller, seine Frau, hat jetzt schon Pferde in der Vahr und will auch in der neuen Trainingsanlage Boxen anmieten. Ihr Hengst Evinas gewann kürzlich den mit 6.000 Mark dotierten „Preis der HVG“ auf der Galopprennbahn.

Auf Betreiben der CDU haben die Wirtschaftsförderungsausschüsse der großen Koalition im Mai diesen Jahres einen Zuschuss von knapp 15 Millionen Mark für den Ausbau der Rennbahn beschlossen. 3,5 Millionen Mark davon entfallen auf den Neubau des Trainingsgeländes. Nach Angaben der Bremer Grünen soll die Gesamt-investition bei 11,5 Millionen Mark liegen.

Für Rohlfing ist das staatliche Engagement in die Anlage nicht nachvollziehbar. Schon gar nicht kann er ein „öffentliches Interesse“ an der Aufhebung des Landschaftsschutzes zugunsten „einer so exklusiven Nutzung“ erkennen. Die Gemeinde sorgt sich über die drohende Verklehrsbelastung und die schwindenden Naherholungs-Möglichkeiten. Zwar soll ein See inmitten der Trainingsbahn als Ausgleichsfläche für das verlorene Landschaftsschutzgebiet dienen – für die Gemeinde ist das kein Trost: Das Gelände, auf dem die teuren Rennpferde unterkommen sollen, wird mit einem zweieinhalb Meter hohen Zaun gegen die Menschen abgesichert.

Elke Heyduck