Israel und Palästina:Kein Krieg, kein Frieden

Israel sperrt Jerusalemer Tempelberg für Muslime unter 45 Jahren. Arafat soll ein Ende der Gewalt verkünden. Barak zu Gesprächen mit Palästinensern bereit. Angst in USA vor Terroranschlägen

JERUSALEM afp/taz ■ Mit extremen Sicherheitsvorkehrungen und Sperren für Palästinenser hat Israel gestern auf die wachsenden Spannungen nach dem Mord an den israelischen Soldaten und den sich anschließenden Luftangriffen auf palästinensische Städte reagiert. In Erwartung eines „Tags des Zorns“ wurden tausende Soldaten und Polizisten in die besetzen Gebiete und nach Ostjerusalem geschickt. Die Armee mobilisierte Reservisten. In Jerusalem blieb es relativ ruhig, nachdem israelische Sicherheitskräfte nur Männern über 45 Jahren den Zutritt zum Tempelberg erlaubten. Dort war es am letzten Freitag zu schweren Auseinandersetzungen gekommen.

Gestern kam es nur zu vereinzelten Zusammenstößen. Viele gläubige Muslime beteten in den Straßen. Im Westjordanland protestierten viele Menschen gegen die Bombardierungen vom Vortag, es gab aber weniger Konfrontationen als in den letzten Tagen. Insgesamt soll es in Westbank und Gaza-Streifen rund zwanzig Verletzte gegeben haben, ein Mann wurde getötet. Bei den israelischen Luftangriffen am Donnerstag waren keine Menschen ums Leben gekommen. Israel hatte zuvor die Palästinenser vor den Bombardements gewarnt.

Israel verlangt von Palästinenserpräsident Jassir Arafat einen „eindeutigen Befehl“ an seine Landsleute, die gewalttätigen Ausschreitungen in den besetzten Gebieten zu beenden. Dies sei die wichtigste Voraussetzung für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Ministerpräsident Ehud Barak erklärte seine grundsätzliche Bereitschaft zu einem Treffen mit Arafat.

Arafat macht seine Teilnahme an einem Nahost-Gipfel weiterhin von der Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission abhängig. Ein Treffen schon am Wochenende galt aber als unwahrscheinlich. Ägypten und die USA erklärten, die Lage sei noch nicht reif. Offenbar will man einen erneuten Fehlschlag vermeiden. Zugleich sandte Arafat gestern auch ein Signal der Entspannung an die Israelis: Er ordnete die Festnahme der Täter an, die am Donnerstag in Ramallah zwei Soldaten gelyncht hatten.

Nach dem möglicherweise in Zusammenhang mit den Palästinenser-Protesten stehenden Anschlag auf ein US-Kriegsschiff im jemenitischen Aden wächst in den USA die Furcht vor einer neuen Terrorwelle. Das US-Außenministerium warnte vor Anschlägen auf amerikanische Einrichtungen in aller Welt. Bei dem Selbstmordanschlag waren am Donnerstag insgesamt 17 US-Soldaten ums Leben gekommen. Bei einem Bombenattentat auf die britische Botschaft im jemenitischen Sanaa gab es gestern lediglich Sachschaden. In Israel befürchten die Behörden neue Selbstmordanschläge durch die islamistische Hamas.

In Jerusalem traf Premier Barak gestern mit Ariel Scharon vom Likud zusammen. Barak will mit der Opposition eine Regierung der nationalen Einheit bilden. Die Staats- und Regierungschefs der EU zeigten sich gestern „absolut entschlossen“, alles für eine Konfliktbeilegung zu tun. Auf ihrem Gipfel im französischen Biarritz appellierten die Staats- und Regierungschefs an die Konfliktparteien, die Gewalt sofort einzustellen. Bundesaußenminister Joschka Fischer warnte vor einem Flächenbrand in der ganzen Region. KLH