Nachgehakt
: Beratungsbedarf

■ Richtlinien für Fraktionsmittel-Einsatz auf der ganz langen Ausschuss-Bank

Es klingt wie Bremerhavens unendliche Geschichte: Im Sommer 1995 ermahnt das Rechnungsprüfungsamt die Stadtverordnetenversammlung, Richtlinien für das Finanzgebaren ihrer Fraktionen zu erlassen. Seitdem dümpelt das Thema im zuständigen Geschäftsordnungsausschuss. 1996 will man sich an die Bürgerschaft anhängen. 1997 wird auf den neuen Leiter des Rechnungsprüfungsamtes gewartet. Zu dessen Entwurf meldet die SPD „Beratungsbedarf“ an. 1998 setzt der Ausschuss eine Kommission ein, die aber nie zusammentritt.

1999 – die Bürgerschaft hat inzwischen ihre Fraktionsausgaben geregelt – sind die Stadtverordneten ganz dicht dran: Sie ändern das einschlägige „Entschädigungsgesetz“ – aber nur, um die dreiköpfigen Vertretungen von DVU und Grünen in den Fraktionsstatus hochzuhieven. Die Verwendung der Fraktionsmittel bleibt weiterhin ungeregelt. Erst als der Landesrechnungshof das Anfang dieses Jahres bemängelt, verspricht Stadtverordnetenvorsteh-er Artur Beneken (SPD), die „aus welchen Gründen auch immer ins Stocken geratenen Beratungen wieder aufzunehmen“. Ein Entwurf des Rechtsamtes soll im Mai durch den Ausschuss, stößt aber erneut auf „Beratungsbedarf“. Dafür gibt es Zeit bis zum 20. September, damit am 5. Oktober ein Beschluss gefasst werden kann. Doch das Thema kommt nicht auf die Tagesordnung. „Die Grünen haben ihre Änderungen erst drei Tage vorher eingereicht“, sagt Beneken. „Stimmt nicht“, sagt deren Geschäftsführer Michael Frost, „unsere Vorschläge waren einen Tag nach Fristablauf da, und das hatten wir angemeldet.“ Bis zur Ausschuss-Sitzung wären also noch über zwei Wochen Zeit gewesen.

Offensichtlich schmecken die Grünen-Korrekturen den Koalitionären nicht, obwohl sie bezüglich der Fraktionsmittel gering sind: Die Grünen wollen grundsätzlich verbieten, dass Meinungsumfragen aus Fraktionsmitteln bezahlt werden. Während der Rechtsamts-Entwurf die Teilfinanzierung von „entfernteren“ Reisen gestattet, wollen die Grünen das nur für Arbeitstagungen gelten lassen. Außerdem wollen sie die Zahlung von „Funktionszulagen“ aus dem Fraktionssäckel unterbinden. „Da werden nur Fantasieposten geschaffen“, sagt der Stadtverordnete Hans-Richard Wenzel.

Schwerer dürften SPD und CDU die Sparvorschläge im Magen liegen, die die Grünen bei der Gelegenheit im Entschädigungsgesetz unterbringen wollen: Sie wollen den „Ehrensold“ für langjährige Stadtverordnete ebenso abschaffen wie die Entschädigungen, die der hauptamtliche Magistrat zusätzlich zum Beamtensalär erhält. Auch der Entschädigung für Vorbesprechungen von Ausschüssen oder Magistrat wollen die Grünen ein Ende machen. Geschätztes Einsparvolumen: 500.000 Mark im Jahr. „Und das ist eine vorsichtige Schätzung“, sagt Wenzel. Jan Kahlcke