treibstoff für hooligans von RALF SOTSCHECK
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Endlich haben englische Fußball-Hooligans eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung an spielfreien Wochenenden: Eine niederländische Firma will das Computerspiel „Sturm über Europa“ in England herausbringen, bei dem der Hooligan seine Technik perfektionieren und neue Taktiken ausprobieren kann. Während schlichte Fußballgemüter ihre Traummannschaft benennen, um bei Zeitungswettbewerben Punkte zu sammeln, wenn ihre Spieler ein Tor schießen, geht es bei dem neuen Computerspiel darum, das widerlichste Hooligans-Team zusammenzustellen, um den höchstmöglichen Schaden anzurichten.

Für den Kampf gegen rivalisierende Gruppen, ausländische Fans und die Polizei benötigt man Treibstoff, um gerüstet zu sein: Drogen, Alkohol und Waffen, denn sonst macht es keinen Spaß. Diese Utensilien kann man unterwegs horten, um sie im geeigneten Augenblick geballt einzusetzen. „Es gibt verschiedene Parameter, die das Verhalten deiner Hooligan-Gruppe beeinflussen“, heißt es in der Spielanleitung. „Dazu gehören Angst, Wut und Betrunkenheitsgrad.“

Spielentscheidend ist, ob es gelingt, die normalen Fans zu agitieren, so dass sie plötzlich Stühle werfen. „Sie können sich dir bei deinen zerstörerischen Aktionen anschließen“, rät die Herstellerfirma. „Du kannst sie zwar nicht direkt kontrollieren, aber du kannst sie mit Sicherheit so beeinflussen, dass sie in Vandalismus verfallen.“ Darin sind die englische Hooligans offenbar geübt. Wenn man den britischen Medien glauben will, wozu freilich kein Grund besteht, dann waren es immer nur eine Handvoll Verrückter, die die distinguierten englischen Fans dazu verleiteten, sich in randalierende Monster zu verwandeln und den guten Namen Englands in den Schmutz zu ziehen.

Im Prinzip ist der englische Fan friedfertig. Er ist lediglich leicht zu irritieren, wenn er auf gegnerische Fans trifft. Unglücklicherweise passiert das häufig bei Fußballspielen. Neulich allerdings, als es beim letzten Spiel im Londoner Wembley-Stadion, dem Mekka für Fußballfans und Hooligans, gegen Deutschland ging, brachten die englischen Zuschauer genauso wenig zustande wie ihre Mannschaft auf dem Rasen. „Steht auf, wenn ihr den Krieg gewonnen habt“, brüllten sie den deutschen Schlachtenbummlern lahm zu.

Ob das Computerspiel überhaupt zugelassen werde, sei fraglich, meint das Innenministerium: Ein Spiel, das Gewalt gegen Menschen oder Tiere darstelle, müsse nach einem Gesetz von 1984 von den Zensoren freigegeben werden.

Der frühere Sportminister Tony Banks ist für ein Verbot. „Das Spiel ist eine Perversion der Technologie“, sagte er. „Dahinter stecken geistlose Idioten, die strafverfolgt werden sollten, wenn sie das Spiel in Britannien verkaufen wollen. Es ist ziemlich eklig, dass jemand solche Software entwickelt. Es ist in krimineller Weise unverantwortlich.“ Vielleicht sollten die Hersteller das Spiel modifizieren: Wer den Spielverderber Tony Banks am Computer dazu verleitet, über einen ausländischen Fußballfan herzufallen, bekommt hundert Punkte.