Die Wellenreiter rudern zurück

Bei der Diskussion über den künftigen Einfluss der Bundesregierung auf den deutschen Auslandsrundfunk „Deutsche Welle“ wiegelt das zuständige Ministerium ab, spart aber nicht mit Kritik: Das Bund-Länder-Problem sei lediglich eine „Petitesse“

von STEFFEN GRIMBERG

Was macht man mit einem Sender, dessen Programm man in Deutschland weder hören noch sehen kann? Man redet darüber.

Mit diesem Schicksal muss sich die Deutsche Welle (DW) schon seit ihrer Gründung 1953 herumschlagen. Anders als die Inlandsanstalten ARD und ZDF ist der deutsche Auslandsrundfunk keine Veranstaltung der Länder, sondern des Bundes.

Dessen Reformpläne für die DW (siehe taz vom 8. 9.) sorgen weiterhin für hitzige Diskussionen. Zu deren „Versachlichung“ hatten Rundfunk- und Verwaltungrat der DW am Freitag geladen, und zumindest die Frage der Staatsferne ist seitdem vom Tisch: Von Anfang an sei das eine „Phantomdiskussion“ gewesen, umschrieb Knut Nevermann, Ministerialdirektor beim für die DW zuständigen Medienstaatsminister Michael Naumann, das, was andere Symposiumteilnehmer eher als „Zurückrudern“ der Naumann-Behörde werteten. Denn in deren Reformpapier war von einer „besseren Verknüpfung des Angebots (der DW, die Red.) mit den Zielen der Außen- und Entwicklungspolitik“ der Bundesregierung die Rede.

Schiffbruch erlitten auch die Vorschläge der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, zur Aufgabenplanung der DW eine Instanz neben Intendanz und Rundfunkrat zu etablieren, die den Bundestag stärker mit einbeziehe: Denn dem, so DW-Intendant Dieter Weirich, werde die mittelfristige Jahresplanung des Auslandsrundfunks ohnehin vorgelegt. Anders als in Frankreich oder Großbritannien liege das Thema dem deutschen Parlament wohl nur wenig am Herzen: „Da wird nicht drüber debattiert, man kümmert sich doch gar nicht“, so Weirich. Dafür habe das Haus Naumann allein 1999 eine Etatkürzung der DW um 30 Millionen auf 606 Millionen Mark verfügt, im Jahr 2003 muss die DW dann mit nur noch 541 Millionen auskommen.

Eingespart werden soll das Geld vor allem durch engere Zusammenarbeit des Auslandsfernsehens DW-tv mit ARD und ZDF. Kernproblem: Während ARD und ZDF lediglich die Programmrechte für Deutschland brauchen, sendet DW-tv weltweit. Dazu kommen hausgemachte Hindernisse: Für die Übernahme von Material aus Nachrichtensendungen muss die DW tief in die Tasche greifen: 1.000 bis 1.200 Mark, sagt DW-tv Chefredakteur Christoph Lanz, würden pro Sendeminute berechnet. Selbst n-tv müsse weniger zahlen, während öffentlich-rechtliche Partnersender wie die BBC das Material im Rahmen des EBU-Programmaustausches sogar umsonst bekämen (siehe Interview).

Diese Argumentation greift für die Bundesregierung offenbar zu kurz „Dass wir uns darüber so lange streiten, ist lächerlich“, meinte Nevermann, auch die Bund-Länderproblematik sei letztlich eine „Petitesse“. Dafür fuhr Nevermann eine Breitseite gegen die DW und ihren Rundfunkrat, der „bis heute das Zielgruppenproblem“ nicht gelöst und für einen angemessenen Online-Auftritt gesorgt habe: „Diese Diskussion muss geführt und abgeschlossen werden“, so Nevermann.

Nur: Wer redet eigentlich wie mit wem? Während die DW-Führungsebene Optimismus verbreitete, weil das Haus Naumann überhaupt Präsenz zeigte, machte sich beim gescholtenen Rundfunkrat Empörung breit: „Als Staatsbürger bin ich entsetzt über die Arroganz und Überheblichkeit, mit der ein Staatsbediensteter hier unsere Arbeit diskreditiert“, kommentierte Rundfunkratsmitglied Paul Hüster die Nevermann-Vorstellung.