Zwei Meter sind keine Katastrophe

Wenn Hamburg eine Sturmflut droht, arbeiten vier Behörden eng zusammen  ■ Von Eberhard Spohd

Die Tage werden kürzer, die Gesichter der Anwohner am Fischmarkt länger. Wenn der blanke Hans aus Nordwest über die Nordsee tobt und das Wasser der Deutschen Bucht in die Elbmündung presst, wird es für sie wieder Zeit, ihre Keller abzuschotten oder leer zu räumen. Die Böllerschüsse im Hafen sagen ihnen seit Ende des 18. Jahrhunderts: Es droht eine Sturmflut. Damit die St. Paulianer, die direkt am Elbufer wohnen, wissen, wann es wieder so weit ist, arbeiten das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH), die Innen-, die Wirtschafts- und die Baubehörde eng zusammen.

„Der Wind bestimmt die Sturmflut“, sagte Klaus Huber vom BSH gestern, als die vier Behörden erstmals gemeinsam ihr Informationsmanagement vorstellten. Wenn er mit zehn Beaufort bläst, so der Erfahrungswert des Wissenschaftlers, läuft das Hochwasser im Hamburger Hafen etwa zwei Meter höher auf als gewöhnlich. Das BSH ruft dann eine Sturmflut aus. Für die Innenbehörde ist dies aber noch kein Grund, den Katastrophenschutz zu alarmieren.

Wolfgang Poser von der Innenbehörde vertraut bis zu Fluthöhen von dreieinhalb Metern den Deichen und Uferwällen der Stadt: „Dann erst beginnen wir, einzelne Schutztore zu schließen und Hafenteile zu sperren.“ Sollte die Elbe noch weiter steigen, kommt der Katastrophenschutz zum Einsatz. Bei einem Wasserstand von fünf Metern über dem mittleren Hochwasser sind dann knapp 2000 Menschen von Deichwacht, Technischem Hilfswerk, den Freiwilligen Feuerwehren, Polizei und weiteren Hilfsorganisationen im Einsatz. „Um den gesamten Hafen zu sperren und zu evakuieren“, rechnet Poser, „brauchen wir zwei Stunden.“ Daher sei man auf das BSH und seine Prognosen angewiesen. Dort sitzen täglich von sechs Uhr morgens bis zwei Uhr nachts mindestens ein Wissenschaftler und ein technischer Mitarbeiter und berechnen mit vier verschiedenen Methoden den Tidenverlauf.

Aus Informationen des Deutschen Wetterdienstes, den Pegelständen in der ganzen Deutschen Bucht, aus den astronomischen Daten und selbstverständlich aus der Empirie der langjährigen Beobachtung werden per Computer verschiedene Szenarien erstellt. Aus diesem Datenwust muss dann der zuständige Wissenschaftler eine Vorhersage herausfiltern, denn, so Kai Soetje vom BSH, „am genaues-ten ist immer noch der Mensch“.

Dennoch bleibt etwa ein Viertel der Hamburger Fläche gefährdet. Um auch in Zukunft gegen Sturmfluten gerüstet zu sein, gibt die Stadt insgesamt eine Milliarde Mark aus. Bis zum Jahr 2007 sollen dann alle Deichanlagen bis zu einer Wasserhöhe von acht Metern über Normal Null, das entspricht sechs Meter über dem mittleren Hochwasser, sicher sein.

Die aktuellen Wasserstände lassen sich unter Tel.: 428 47-32 85 oder Tel.: www.bsh.de abfragen. Sturmflutwarnungen unter % 31 90-31 90, 01 15 30 und % 31 59 51 oder -52.