Breitbandnetz bleibt Breitbandnetz

■ Die landeseigene Hightech-Datenautobahn soll nun doch für die Wirtschaft erhalten bleiben, wird in einem Diskussionspapier vorgeschlagen / Private Kommunikationsfirmen sollen einsteigen

„Die Headhunter rufen schon aus England an“ berichtet ein Techniker der „Bremen-Briteline“ – der Firma, die derzeit noch das Landesbreitbandnetz (LBN) organisiert. Grund für die Abwerbe-Versuche: Seit dem Sommer will Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) das LBN, ein superschnelles Experimentiernetz für Multimedia-Anwendungen, dichtmachen – um Geld zu sparen. Jetzt sieht es so aus, als ob die Techniker sich doch keinen neuen Job suchen müssen.

In einem internen Diskussionspapier „Überlegungen zur zukünftigen Gestaltung des Landesbreitbandnetzes“ wird nun von einer hochkarätigen Arbeitsgruppe vorgeschlagen, das LBN nicht einzudampfen. Vielmehr sollen sich Telekom, EWE-Tel und nord Com an dem bisher landesfinanzierten Netz beteiligen und dafür sorgen, dass Datenmassen auch zwischen Kunden der verschiedenen Anbieter ausgetauscht werden können. Das Ganze nennt sich dann „Interkonnektivität“ und ist im Multimediabereich keineswegs so selbstverständlich wie bei einer normalen Telefonleitung.

Ob eine Zusammenarbeit mit der Telekom möglich wäre, soll heute in einem ersten Sondierungsgespräch ertastet werden. Für die Telekommunikations-Firmen ein zweischneidiges Schwert: Alle versuchen derzeit, ihre eigenen breitbandigen Leitungen an die Kunden loszuschlagen. Das aufgepeppte LBN würde diese Angebote aber in den Schatten stellen. Entsprechend soll das LBN als „ergänzendes“, nicht konkurrierendes Netz umgebaut werden.

Wehrmutstropfen des Konzepts: Firmen, die bisher für lau an das LBN angeschlossen sind und so nebenbei auch einen Internet-Zugang umsonst hatten, müssen in Zukunft eine Nutzungsgebühr bezahlen. Rund 180 Institutionen und Firmen in Bremen und Bremerhaven sind seit 1996 an das Netz angeschlossen worden, das Datenübertragung in bis zu 2.500-facher ISDN-Geschwindigkeit (155 MBit) erlaubt. Mit dem LBN werden neue Technikanwendungen erprobt, für die riesige Datenmengen verschoben werden müssen: Videokonferenzen in Fernseh-Qualität, neue Logistik-Lösungen für Hafenfirmen oder der Datenaustausch zwischen Hochschulen oder Krankenhäusern. Die breitbandigen Datenautobahnen laufen über Glasfaserkabel oder seit neustem auch mit Richtfunktechnik durch die Luft (siehe Foto).

Während eines behördeninternen Treffens soll der Vertreter des Wirtschaftssenators angedeutet haben, das Konzept mitzutragen. In einem weiteren Treffen sei dies zwar wieder relativiert worden, berichtet ein Insider – allerdings haben sich die gegensätzlichen Positionen von Wirtschaftssenator und Senatskanzlei sowie Wissenschaftssenator offenbar angenähert. So könnte das LBN in Zukunft nicht mehr als Mittel zur Strukturförderung für Multimedia-Firmen gesehen werden. Andererseits könnten nach dem Konzept weiterhin Fördergelder beantragt werden, wenn die Breitband-Nutzer ein spannendes Projekt verfolgen, für das Breitbandtechnik nötig ist.

Frank Schildt, medienpolitischer Sprecher der SPD, ist mit dem derzeitigen Diskussionsstand zufrieden. Mit dem „Redesign“ des LBN werde den heutigen Bedürfnissen der Nutzer Rechnung getragen. Sein Kollege Jörg Jäger sagt, er warte nun darauf, dass das Wirtschaftsressort „erklärt, wie es weitergeht“. Die Grüne Anja Stahmann hat vor allem Bedenken, dass der „experimentelle Charakter“ des LBN verloren gehen könnte, wenn die Nutzung kostenpflichtig wird.

Im Wirtschaftsressort sagte man gestern, dass vorerst die alte Position weiter gelte, wonach das LBN als Wissenschaftsnetz – ohne die Wirtschaft – weiterexistieren soll. Allerdings, räumt der Sprecher ein, könnten die im Konzept gemachten Vorschläge „ein denkbarer Weg sein“. cd