Ein schöner Abend mit viel Reden

Die Band Surrogat und die DJs von Le Hammond Inferno wollten am Sonntagabend im Roten Salon der Volksbühne die taz retten. Das ist nicht ganz geglückt, aber klasse war es trotzdem. Leute kamen und überlegten sich, wer nun taz-Leser ist

von DETLEF KUHLBRODT

Als – wenn auch freier – Mitarbeiter über eine taz-Solidaritätsveranstaltung zu schreiben, ist nicht ganz einfach, denn irgendwie ist man ja doch ziemlich direkt betroffen. Einerseits wäre ein allzu lobender Artikel also ein bißchen verdächtig; andererseits kann man aber auch nicht so tun, als hätte man mit dem Ganzen nichts zu tun. Schließlich ist man ja Ende der Achtzigerjahre nicht zur taz gegangen, um Journalist zu werden, sondern man ist eher zufällig Journalist geworden, weil man in der taz schreiben wollte.

Die Bands „Surrogat“, „Le Hammond Inferno“, die zwei unermüdlichen Vorreiter eines ziemlich angenehmen Easy Listenings, und das Plattenlabel Kitty Yo! hatten am Sonntagabend im Roten Salon der Berliner Volksbühne eine Solidaritätsparty für die taz gegeben, denn die taz soll nicht sterben. Das ist klasse! Leute kamen. Der Rote Salon war halb voll. Das klingt weniger, als es in Wirklichkeit war, denn normalerweise stehen hier ja auch noch viele Stühle und Tische rum, die diesmal weggeräumt waren.

Manche waren wegen der Band Surrogat gekommen, andere, um die taz zu unterstützen, wieder andere als zahlende Kollegen. „Ich wollt halt heut noch mal ausgehen“, sagte ein melancholisch aussehender Mann. Der Kubaner an der Garderobe sagte, seine Tochter singe Blues.Kollege Rüdiger vom Balkan sagte, er werde vom „Wahnsinn“ und der „Weltrevolution“ angetrieben; Leserin Julia, die später Geburtstag haben sollte, erzählte, sie hätte am Samstag in einem Club am Hackeschen Markt wirklich Kerstin von Big Brother gesehen.

Lange stehen alle am Rand und besonders massiv vor der Bar. Man überlegte sich, ob dies nun also die Leser sind, und dachte bei der Musik von Le Hammond Inferno an die sehr schöne CD „Pool Position“, die die vor einem Jahr gemacht hatten. Andrea war mit Julia in einer Kreuzberger Babygruppe und war kurz genervt über die „Pseudoparty“. „Die taz ist es wert“, sagte der Surrogatsänger auf der Bühne. „Das erste Stück, das wir spielen, heißt ‚Vertrauen‘.“ Späteres erinnerte ein bißchen an „Birthday Party“ und den frühen Nick Cave. Dann hatte Julia Geburtstag mit Sekt, und die Band sang: „Ich will Geld nicht wollen müssen.“

„Eigentlich gefällt mir die taz so, wie sie ist“, sagte eine taz-Leserin um die 30. Lana aus Kreuzberg war schon öfters auf taz-Partys und sagte, sie wäre vermutlich enttäuscht gewesen, wäre die Party spannender gewesen. Ein TIP-Kollege spionierte. Katja, die einem „entfremdeten“ Job in einer Galerie nachgeht und gerade aus dem Café Burger kam, lobte das Feuilleton sehr. Am besten wäre es, wenn es „nur noch Feuilleton und die Wahrheit“ gäbe. „Und dieses ganze Als-ob-Zeug –Le Monde Diplomatique und so –soll weg! Das mögen andere anders sehen.“

Wie das Pärchen Ende dreißig, das ging, weil die Musik „nicht so unser Fall“ war. „Wir lesen FAZ und taz“, sagten sie und „die taz ganz bewusst, weil sie einen Tenor hat, den die anderen nicht haben“. Nur der Lokalteil könnte größer sein; ansonsten solle die taz sich bitte und bloß nicht anpassen. Gegen zwei Uhr waren die meisten weg. Sie mussten wohl arbeiten.

Ein rauschender Erfolg war die Party nicht, allerdings auch kein Reinfall. Es war ein schöner Abend mit viel Reden, mehr als Tanzen. Draußen dann schien der Mond ganz beeindruckend, und ein Trabbi auf der Straße klang recht sentimental.

The taz must go on: am 5. November retten Britta, Brezel Göring und Francoise Cactus die taz. Wieder im Roten Salon in der Volksbühne, 22 Uhr