Highnoon in Holland

Die einen wollen sich Wälder gutschreiben, andere Atommeiler:Der Klimagipfel könnte zum Festival der Schlupflöcher werden

BERLIN taz ■ In vier Wochen beginnt der Klimagipfel in Den Haag: Er soll die endgültige Entscheidung bringen – und könnte zum Festival der Schlupflöcher geraten. Viele Länder, allen voran Australien, Kanada, Japan und die USA, versuchen ihre in Kyoto zugesagten Klimaschutzverpflichtungen durch Tricksen an den Details zu drücken.

Vor zwei Jahren war im japanischen Kyoto das Klimaprotokoll beschlossen worden: Die Industriestaaten verpflichteten sich, bis 2010 rund 5,2 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990. Die Vielzahl technischer Details sollte Stück für Stück bis Ende 2000 geregelt werden: Doch bislang wurde keine einzige Frage geklärt.

Die Begehrlichkeiten sind zahlreich. Größtes Schlupfloch ist die Anrechnung von so genannten Senken. Damit sind vor allem Wälder gemeint, die Kohlendioxid in ihrer Biomasse absorbieren. Nur, wie rechnet man die an? Es ist schwer zu sagen, wie viel Kohlendioxid ein Wald bindet, weil es auch vom Zustand des Bodens abhängt. Und wenn ein Wald brennt, muss man das freigesetzte Kohlendioxid wieder anrechnen?

Russland möchte sich sogar „unterdrückte Feuer“ anrechnen lassen. Aber wie berücksichtigt man nicht verbrannten Wald? „Die Senken sind der Geburtsfehler des Protokolls“, klagt Stephan Singer vom WWF Europa. Die Industriestaaten könnten sich damit bis zu 40 Prozent ihrer Klimaschutzpflichten wegdefinieren, schätzt der Klimaexperte. Und die Schlote, um die es eigentlich geht, rauchen weiter.

Immerhin haben die USA ihre einstmals betonköpfige Haltung unter dem Druck der Umweltverbände zu Hause etwas gelockert. Dafür blockieren Japan und Kanada um so mehr. „Inzwischen ist es einfacher, mit Shell oder BP Einigungen zu erzielen“, sagt Singer, „als mit so mancher Regierung.“ URB