Eintracht mit der Wirtschaft

In ihrer neuen Selbstverpflichtung erhöht die Industrie ihre Klimaversprechen. Doch keineSanktionen drohen, wenn sie den vereinbarten Abbau beim Ausstoß von Treibhausgasen nicht erreicht

BERLIN taz ■ Die Industrie soll mehr als bisher zum Klimaschutz beitragen. Darauf einigten sich Umweltminister Jürgen Trittin und Wirtschaftsminister Werner Müller mit Vertretern der Industrieverbände. Gestern wurde ein letztes Mal über die endgültige Höhe der Verpflichtung verhandelt. Nach Informationen der taz, der der unterschriftsreife Vertragsentwurf vorliegt, wird die Industrie sich verpflichten, ihren spezifischen Ausstoß an Kohlendioxid bis 2005 um 28 Prozent zu mindern gegenüber dem Basisjahr 1990. Bislang hatte die Industrie nur minus 20 Prozent versprochen. Erstmals wird sie auch ein Ziel für 2012 akzeptieren: Bis dahin will sie ihre Emissionen um 35 Prozent senken – und zwar nicht nur von Kohlendioxid, sondern auch von den übrigen fünf wichtigsten Treibhausgasen, wie im Kyoto-Protokoll verlangt.

Die Selbstverpflichtung der Industrie zum Klimaschutz wird Teil des Klimaschutzprogramms. Damit wird sich erstmals auch die Bundesregierung vertraglich auf ein kooperatives Verhalten gegenüber der Industrie festlegen. So heißt es in dem Vertragsentwurf, dass die Bundesregierung im Gegenzug „auf zusätzliches Ordnungsrecht“ verzichte, solange die Industrie ihre Zusagen erfülle. Insbesondere will die Bundesregierung auf ein „verbindliches Energieaudit“ verzichten – ein Verfahren, in dem ein Unternehmen nachweisen muss, dass es angemessen Energie spart. Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl: Denn genau das wäre eine mögliche Strafe für die Industrie, falls sie ihre Versprechen nicht erfüllt.

Außerdem will die Regierung versprechen, dass der Industrie bei der Weiterentwicklung der Ökosteuer „keine Wettbewerbsnachteile entstehen“ – bis auf einen „tragbaren Selbstbehalt“.

Allerdings ist die Verpflichtung der Industrie nicht so streng, wie sie klingt. Denn die Ziele sind spezifische Ziele, das heißt, bezogen auf die produzierte Warenmenge von 1990. Je stärker die Wirtschaft und ihr Ausstoß an Gütern wächst, desto geringer fällt also, absolut gemessen, die Minderung an Klimagasen durch die Industrie aus. Die Bundesregierung bestand zusätzlich auf absolute Ziele: So sollen bis 2005 mindestens 10 Millionen Tonnen Kohlendioxid weniger ausgestoßen werden – egal wie stark die Wirtschaft wächst. Bis 2012 sollen es noch mal 10 Millionen Tonnen weniger sein. Nach zähem Ringen ließ sich die Industrie darauf ein. Sie muss jedoch keine Einzelverpflichtungen der einzelnen Unternehmen akzeptieren, wie etwa in Holland üblich. So kann niemand zur Verantwortung gezogen werden, wenn am Ende die Verpflichtung doch nicht eingehalten wird.

Neben dem Industrie-Dachverband BDI wollen 19 Einzelverbände die Selbstverpflichtung unterschreiben. URB