Rot-Grün hält, was Kohl versprach

Das Klimaschutzprogramm der Regierung legt zum ersten Mal fest, wie das nationale Klimaziel erreicht werden soll. Der Autoverkehr wird geschont

von BERNHARD PÖTTER

Bei allen Debatten um den Klimaschutz haben vor allem die grünen Parlamentarier und die Beamten aus dem Haus von Umweltminister Jürgen Trittins ein schlagendes Argument: Der Kanzler hat es versprochen. Eigentlich haben es sogar zwei Kanzler versprochen: Kanzler Kohl und Kanzler Schröder. Der „Automann“ hatte vor einem Jahr bei der Eröffnung der UN-Klimakonferenz in Bonn bekräftigt: „Wir stehen zu dem Ziel von 25 Prozent Reduzierung beim CO2-Ausstoß“.

Mit dem „Klimaschutzprogramm“, das morgen verkündet werden soll, hält die Bundesregierung nun Wort. Zum ersten Mal wird offiziell festgeschrieben, welche Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Privaten noch fehlen, um das selbst gesteckte Ziel der Kohl-Regierung (25 Prozent weniger CO2 in die Atmosphäre zu blasen als 1990) zu erreichen. Zum ersten Mal wurden knapp 70 Maßnahmen im Umweltministerium zusammengetragen. Sie sollen nun vor allem in den Ressorts Wirtschaft, Verkehr, Bauen, Landwirtschaft und Finanzen detailliert umgesetzt werden.

Bisher hat Deutschland seinen CO2-Ausstoß um 15,3 Prozent reduziert – da zählt der Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft mit ihren energieintensiven Betrieben dazu. Im Einzelnen hat die Industrie seit 1990 nach den Zahlen des Umweltministeriums ihre CO2-Emissionen um 31 Prozent zurückgefahren, die Energiewirtschaft um 15 Prozent. Beim privaten Verbrauch sieht es anders aus: Die Haushalte haben nach den Berechnungen des Umweltministeriums um 6 Prozent zugelegt, der Verkehr gar um 11 Prozent. „Um die Klimaschutzziele zu erreichen, ist eine Trendumkehr in diesen Bereichen erforderlich“, heißt es im Zwischenbericht der Bundesregierung vom Sommer.

Daran arbeitet Rot-Grün, lautet die Botschaft der Regierung. Schließlich haben besonders die Grünen das Thema politisch hoch gehängt. Deshalb habe man die Ökosteuer eingeführt, die durch das teurere Benzin einen sparsameren Umgang mit Energie ermöglichen soll. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und das 100.000-Dächer-Programm sollen den erneuerbaren Energien einen kräftigen Schub nach vorn geben und so langfristig die CO2-Bilanz verbessern helfen. Damit, rechnet die Regierung, werde man eine Minderung der CO2-Emissionen um 18 bis 20 Prozent im Jahre 2005 erreichen.

Das neue Klimaschutzprogramm soll die Lücke zu den angestrebten 25 Prozent Minderung schließen. „Wenn alle jetzt geplanten Maßnahmen umgesetzt werden, kommen wir so weit“, heißt es aus dem Umweltministerium.

Zumindest bei privaten Haushalten will die Regierung kräftig investieren: 400 Millionen Mark aus den Zinsersparnissen der UMTS-Milliarden hat Finanzminister Hans Eichel für Gebäudesanierung zugesagt – für vorerst drei Jahre. Damit sollen jährlich über 200.000 Wohnungen besser gedämmt werden. Industrie und Energiewirtschaft sollen mit ihrer Selbstverpflichtung Klimaschutz betreiben (siehe unten). Auch soll eine Quote für den umweltfreundlichen Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung das Klima schonen: Bis Mitte 2001 soll ein Gesetz verabschiedet werde, das mit der KWK-Quote insgesamt eine Reduzierung um 10 Millionen Tonnen CO2 garantiert.

Im Verkehr zeigt sich ein gespaltenes Bild. Die Klimabilanz soll von den jährlich zwei Milliarden Mark für die Bahn ebenso profitieren wie von Autofahrern, die wegen der neuen Entfernungspauschale umsteigen. Die Autoindustrie hat zugesagt, den Flottenverbrauch ihrer Karossen unter sechs Liter pro hundert Kilometer zu senken. Auch die 100 Millionen Mark Forschungsgelder in die Entwicklung der Brennstoffzelle sollen langfristig das Klima entlasten. Eine Reduzierung um knapp 20 Millionen Tonnen CO2 (entgegen des vorausgesagten Anstiegs) soll die Schwerverkehrsabgabe für Lkw einbringen, die aber erst ab 2003 wirksam wird. Schwefelarmer Kraftstoff und neue Reifen sollen den Verbrauch senken, eine Aufklärungskampagne soll den Autofahrern beibringen, wie man Sprit spart. Harte Maßnahmen gibt es nicht: So ist kein generelles Tempolimit vorgesehen, eine Obergrenze für den Spritverbrauch oder den CO2-Ausstoß gibt es ebenso wenig wie Straßenbenutzungsgebühren für Pkw.

Schließlich fasst sich die Bundesregierung beim Klimaschutz sogar an die eigene Nase. Nur zu gut weiß man im Umweltministerium, dass in zugigen Kasernen und Dienstgebäuden kräftig zum Fenster rausgeheizt wird. So will die Regierung in eigenen Fuhrparks und Liegenschaften den CO2-Ausstoß bis 2005 ebenfalls um 25 Prozent senken.

Trotz der Freude über das Klimaschutzprogramm werden im Umweltministerium auch Zweifel laut. Papier sei geduldig, heißt es da. Nun bleibe abzuwarten, ob auch alle Ressorts ihren Verpflichtungen nachkommen.