FDP will Mifegyne per Gesetz lukrativer machen

Nachdem die Vertreiberfirma ihren Rückzug erklärt hat, will FDP-Politiker Detlef Parr die Abtreibungspille nun durch eine Gesetzesänderung retten

BERLIN taz ■ Die Unterstützung für ungewollt schwangere Frauen kommt von unerwarteter Seite. Der FDP-Gesundheitsexperte Detlef Parr findet es ein „Unding“, dass die Firma Femagen die Abtreibungspille Mifegyne aus Kostengründen künftig in Deutschland nicht mehr vertreiben will.

„Frauen müssen auch weiterhin zwischen chirurgischen und medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen wählen können“, sagt Parr und hat daher einen Gesetzesentwurf eingebracht. Der soll die Probleme beseitigen, die nach Ansicht von Ärzten einen Erfolg der Abtreibungspille in Deutschland bislang verhindert haben.

„Die ungleiche Bezahlung der verschiedenen Abbruchsmöglichkeiten ist neben dem Totschweigen von Mifegyne unter deutschen Wissenschaftlern der Hauptgrund für die geringe Akzeptanz in Deutschland“, sagt Gabriele Halder, Vorsitzende des Familienplanungszentrums Balance in Berlin. Eine medikamentöse Abtreibung wird mit 280 Mark honoriert, bei einem chirurgischen Eingriff können Ärzte fast 650 Mark abrechnen. „Viele Kollegen empfehlen den Frauen das, womit sie besser verdienen“, sagt Halder.

Die Folge: Weniger als drei Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche wurden in Deutschland seit Einführung der Pille im vergangenen November medikamentös vorgenommen. In Frankreich sind es über dreißig Prozent.

Die Honorare werden vom Bewertungsausschuss mit Vertretern der Kassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung festgelegt. Die Bundesländer, die in 75 Prozent der Fälle die Kosten für den Schwangerschaftsabbrüche übernehmen, orientieren sich an diesen Vorgaben.

Parr will nun gesetzlich regeln, dass der Betrag des Bewertungsausschusses nur ein Mindesthonorar darstellt. Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg zahlen den Ärzten ungeachtet der ungeklärten Rechtslage schon jetzt 500 Mark für einen Abbruch mit Mifegyne. Das höhere Honorar soll die Pille für die Ärzte lukrativer machen.

Außerdem will Parr den Sondervertriebweg für Mifegyne abschaffen. Etwa 30 Mark zahlt die Firma Femagen bisher nach eigenen Angaben für jede Versendung. „Die hohen Vertriebskosten haben zu unseren Verlusten mit beigetragen“, resümiert Geschäftsführerin Petra Schoettler.

Für Femagen steht der Rückzug fest. Auch der Münchner Frauenarzt Friedrich Stapf rechnet nicht mit einer schnellen Gesetzesänderung. Er will sich daher einen Jahresvorrat an Mifegyne zulegen. Stapf bedauert die Entscheidung der Vertreiberfirma. Die Anwendung des Medikaments sieht er aber kritischer als früher. „Bei fünf bis acht Prozent der Patientinnen kommt es nach dem Einsatz von Mifegyne zu Komplikationen“, erzählt Stapf. Das sei mehr, als der französische Hersteller angegeben hat. Bei chirurgischen Abtreibungen liege die Quote dagegen nur bei einem Prozent. Das eigentliche Problem liegt für Stapf jedoch anderswo: „Es gibt immer weniger junge Ärzte, die den Eingriff wirklich können. Der Altersdurchschnitt der Kollegen liegt bei fünfzig Jahren.“ RALF GEISSLER

kommentar SEITE 11