Wasser steigt noch

Italienische Regierung ruft Notstand in den Überschwemmungsgebieten im Norden aus. 20.000 Menschen evakuiert. Deutschland verspricht Hilfe

TURIN/LOCARNO dpa/taz ■ Keine Entspannung in den Überschwemmungsgebieten Italiens und der Schweiz: Die zu tausenden eingesetzten Katastrophenhelfer mussten gestern weitere Leichen bergen. Bislang fielen Fluten, Schlamm und Trümmern 26 Menschen zum Opfer, viele gelten noch als vemisst.

Angesichts steigender Wassermassen herrschte Alarmstimmung im Schweizer Kanton Tessin und vor allem in der italienische Poebene. Im überfluteten Aostatal fanden die Retter zwei weitere Leichen, darunter ein einjähriges Mädchen. Bei der Räumung der Zufahrtsstraße des von einer Schlammlawine verschütteten Dorfes Gondo im Wallis wurden Leichenteile entdeckt. Die Helfer hatten gestern aber noch Hoffnung auf überlebende Vermisste. Wie die Kantonspolizei mitteilte, gab die in Gondo eingeschlossene Frau jedoch kein Lebenszeichen mehr.

In der Poebene, wo der Pegel stündlich stieg, wurden bis zu 20.000 Menschen evakuiert. Vor allem die Region um Piacenza und Parma war betroffen. Erst vor sechs Jahren waren bei Überschwemmungen 13.000 Menschen im Piemont, dem Aostatal, in Ligurien und der Lombardei obdachlos geworden.

Obwohl sich eine erste Wetterbesserung abzeichnete, verbrachten viele Menschen die Nacht zum Dienstag in Notunterkünften. Die Regierung in Rom rief den Notstand für die Krisenregion aus. Tausende Feuerwehrleute und Freiwillige waren mit den Aufräumarbeiten beschäftigt, allein die Schäden in der Landwirtschaft des Piemont wurden auf zwei Milliarden Mark geschätzt.

Unterdessen ließen sich rund 200 Feriengäste aus dem durch Hochwasser und Erdrutsche von der Außenwelt abgeschnittenen Schweizer Ferienort Zermatt ausfliegen. Wie der Einsatzstab in Zermatt berichtete, wollten noch weitere 700 Menschen die Luftbrücke nutzen. Auch mehrere Ortschaften im Saastal, im Simplongebiet und im Walliser Hochtal Goms waren derzeit über Straße und Schiene nicht erreichbar. Zum Teil brach auch das Telefonnetz zusammen. In Locarno am Lago Maggiore wurden nach erneuten Regenfällen weitere Viertel evakuiert.

Deutschland und Frankreich wollen Italien im Kampf gegen Überschwemmungsschäden unterstützen. „Wir werden alles nur Denkbare tun, um unseren italienischen Freunden zu helfen“, erklärte Bundesinnenminister Otto Schily gestern beim EU-Treffen in Luxemburg.