Mehr tun und mehr tun lassen

■ Sozialressort wird umgekrempelt / Schlüsselwort: „Aktivieren“

230 Stellen weniger, 60 Millionen Mark Ausgaben weniger, 23 Millionen Mark Einnahmen mehr – das sind die Vorgaben für Hilde Adolfs Riesenressort Arbeit, Soziales, Frauen, Jugend, Gesundheit bis 2005. Bei Räucherlachs und Edamer, bei Rotwein und Bier erläuterte die Ressortspitze – neben Adolf saßen die Staatsräte Hans-Christoph Hoppensack und Arnold Knigge – Medienmenschen aus Bremen, umzu und Bremerhaven, wie die Umgestaltung des Riesenressorts vor sich gehen werde.

„Baustellen-Report“ sagte Adolf dazu und legte zugleich Wert darauf, dass ihre Leute zwar von der Unternehmensberatung Roland Berger angetrieben werden, dass der Inhalt des Konzepts jedoch auf das eigene Konto gehe.

Und jetzt haben sie auch noch Geld über. 55 Millionen Mark. Zuviel. Einfach über. Vor allem konjunkturelle Faktoren lassen die Sozialhilfekosten sinken. So lassen sich doch – Senatszustimmung vorausgesetzt – all die Fortbildungen finanzieren, um den öffentlichen Dienst auf Galopp zu bringen, und all die Fördermaßnahmen, um die EmpfängerInnen von der Sozialhilfe weg zu bekommen.

Viele kleine und große Projekte stehen auf dem Programm. Große sind unter anderem die „Ressourcensteuerung der Sozialleistungen“, die Einrichtung von Sozialzentren und der Umbau der Arbeitsförderung. Von aktuell 100 SozialhilfeempfängerInnen pro 1.000 Einwohner sollen höchstens 80 übrig bleiben. „Fall-Management“ soll ein Weg dorthin sein: SachbearbeiterInnen sind künftig für einen Hilfeempfänger von der ersten Meldung bis zum Bugsieren in den Arbeitsmarkt komplett zuständig. Und verantwortlich. Ihre Arbeit erledigen sie künftig – Baustelle Nr. 2 – in Sozialzentren, die amtliche Zuständigkeiten dezentral in den Stadtteilen bündeln. Vom Hilfeempfänger schließlich wird erwartet, dass er sich auf eine „Integrationsvereinbarung“ einlässt. „Aktivierung“ steht im Zentrum des so genannten Paradigmenwechsels in der Sozialpolitik, „und das heißt“, so Staatsrat Knigge, „den Versorgungsanspruch zu verlassen.“ Private Gesellschaften wie die Bremer Arbeit GmbH sollen „operative Aufgaben“ in der Arbeitsförderung übernehmen, die Potenziale der zu Vermittelnden einstufen.

Dass ihr die Klage der Grünen gegen das Beleihungsgesetz in die Quere kommen könnte, fürchtet Hilde Adolf nicht. Das beträfe mehr die Wirtschaft.

Vielleicht geht alles auch anders: Aus dem „engen Korsett“ der Stellenpläne herauszukommen, das hofft die Senatorin durch Modellversuche zu erreichen, die zeigen sollen, dass mit mehr Personaleinsatz den LeistungsempfängerInnen schneller und besser geholfen, ergo mehr gespart werden könne. sgi