Koalition streitet über Kontrolle der „Bremen GmbH“

■ SPD-Chef Böhrnsen fodert mehr Infos vom Senat, CDU-Eckhoff weiß schon alles

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion will den städtischen Gesellschaften künftig genauer in die Karten gucken. So schlug SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen gestern eine gemeinsame Initiative von SPD, CDU und Grünen vor, um den Senat zu umfassenden Berichten über privatisierte Verwaltungsabteilungen zu verpflichten. Die Grünen begrüßten diese Initiative. Die CDU lehnte sie dagegen ab.

Äußerer Anlass für Böhrnsens Vorstoß ist die Finanzkrise des Musicals „Jekyll & Hyde“. „So etwas darf nicht noch mal passieren“, sagte Böhrnsen und bekräftigte seine Kritik an Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU), der „viel zu lange keine Ahnung von der tatsächlichen Lage des Musicals hatte“. Nach Auffassung Böhrnsens stimmen die von der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft (HVG) ausgehandelten Verträge nicht mit parlamentarischen Beschlüssen überein. Deshalb will Böhrnsen ähnliche Verträge künftig von WirtschaftsprüferInnen testieren lassen. Im Auftrag des Parlaments, schlägt er vor, sollen im Einzelfall externe Treuhänder überprüfen, ob die Vertragsentwürfe den Segen des Parlaments haben oder nicht.

Insgesamt hält die SPD an der Privatisierung von Behörden fest, in der Bremen bundesweit eine Vorreiterrolle spiele. Doch pocht Böhrnsen jetzt auf den vorherigen Nachweis, dass die neue Organisation auch wirklich effektiver arbeitet. Der Fraktionschef ließ allerdings offen, ob eine der bereits bestehenden Gesellschaften diesen Anspruch nicht erfüllt.

Bei der CDU macht sich Böhrnsen schon mit dem Infragestellen der neuen Strukturen im Wirtschaftsbereich keine Freunde. „Die SPD zeigt sich nicht als verlässlicher Partner für den Standort Bremen“, kommentierte CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff. Die CDU habe ein anderes Verständnis von Kontrolle: Der Senat habe als Mitgesellschafter die eigentliche Kontrollposition. Schon jetzt sei ausreichend sicher gestellt, dass die staatlichen Gesellschaften kein unkontrolliertes Eigenleben entwickeln, meint Eckhoff. Auch „das Parlament ist über die Fachdeputationen eingebunden“.

Dem SPD-Jens reicht das nicht. So hat es sich nach Böhrnsens Auffassung nicht bewährt, Abgeordnete nur in die Aufsichträte von Holdinggesellschaften wie der HVG oder Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) zu entsenden, aber nicht in die Aufsichtsgremien der operativ tätigen Töchter. „Aus den Aufsichtsräten der Holdings erfahren wir sowieso nichts.“

Frei nach dem Vorbild des Amts für Informationswiederbeschaffung in Terry Gilliams Filmsatire „Brazil“ will die SPD die Informationspflicht des Senats gesetzlich festschreiben. Doch Information ist nicht gleich Information: Entscheidungsrelevant aufbereitet sollen sie sein und nicht mehr aus großen Papierbergen bestehen. Nach Angaben von Abgeordneten stand da oft viel, aber nicht das Entscheidende drin. Das fordert Senatssprecher Klaus Schloesser heraus: „Dicke Berichte wollen die Abgeordneten nicht, dünnen Berichten misstrauen sie“, schildert er auf taz-Anfrage seine Sicht der Praxis. Der Senat arbeite aber weiter an einer Verbesserung der Berichte und des Controlling, sagt Schloesser und weist darauf hin, dass das Controlling erst jetzt eingeführt wurde. Allerdings, so kontert ein Verwaltungskenner, hätte eine Behörde für die Musicalfinanzierung nicht einfach unbemerkt neun Millionen Mark mehr ausgeben können. ck