DIE NEUE MÜLLVERORDNUNG UND IHRE ZAHLREICHEN GEGNER
: Gegenwind von vielen Seiten

Die geplante Novellierung der „Technischen Anleitung Siedlungsabfall“ – kurz Tasi – wird unterschiedliche Akteure auf den Plan rufen – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Da sind zunächst viele Bürger, die sich in den kommenden Jahren mit exorbitant steigenden Müllgebühren konfrontiert sehen. Das ist zwar durchaus keine Folge der aktuellen Vorlage aus dem Umweltministerium, sondern war absehbar, seit 1993 ein Ende der Deponien für das Jahr 2005 beschlossen wurde. Doch viele Kommunalpolitiker werden die Gelegenheit nutzen, der Bundesregierung die Schuld für die Gebührensteigerung in die Schuhe zu schieben. Und die äußerst komplizierte Gesetzeslage auf dem Müllmarkt wird ihnen dabei behilflich sein.

Viele Bürgermeister haben sich bisher geweigert, entsprechende Vorbereitungen für die Anforderungen im Jahr 2005 zu treffen. Stattdessen haben sie sich lieber permanent Ausnahmegenehmigungen von ihrer Landesregierung geholt. Dahinter stand wohl die Hoffnung, den Termin noch einmal hinauszögern zu können und so die unangenehmen Gebührenerhöhungen ihren Nachfolgern zu überlassen. Billigdeponien wie in Halle-Lochau haben daher in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt, während die Betreiber von Müllverbrennungsanlagen ihre Kapazitäten nicht ausgelastet kriegen. Die jetzt vorgelegte Novelle will diese permanenten Ausnahmeregelungen beenden. Doch auch Hersteller und Betreiber von Müllverbrennungsanlagen werden sich gegen die neue Verordnung wehren. Nach der bisherigen Regelung konnten sie davon ausgehen, ab 2005 eine Monopoltechnik zu betreiben. Nun werden biologisch-mechanische Anlagen ihnen einen Teil des Mülls streitig machen. Das Umweltministerium Baden-Württembergs hat gleichfalls Widerstand angemeldet: Die mechanisch-biologische Abfallbehandlung sei ökologisch weniger verträglich als die Müllverbrennung. Zudem bleibt für bestimmte Abfälle auch künftig die Behandlung in Öfen Vorschrift, so dass man zwei Anlagen für die Müllvorbehandlung bräuchte. Schließlich werden auch die Deponiebetreiber Druck machen. Vielerorts argumentieren sie damit, dass nur eine weitere Verfüllung das Geld in die Kassen spült, das für eine langfristige Sicherung und Sanierung nötig ist. Hier ist durchaus ein Ost-West-Konflikt möglich, da viele der schlecht gesicherten Deponien in den neuen Ländern liegen. Angesichts des Vielzahl der Widerstände bleibt also fraglich, ob es gelingen wird, die neuen Techniken durchzusetzen. ANNETTE JENSEN