die stimme der kritik
: Betr.: Ehe-, Umwelt- und Blechschäden

Nicht schneiden, klopfen!

Nichts ist unmöglich – außer die eigene Nase, der Po, die Hüften. Meinen vor allem die AmerikanerInnen. Drei Millionen von ihnen legten sich im vergangenen Jahr auf den Operationstisch und ließen ihre Schwachstellen in Schokoladenseiten verwandeln.

In Deutschland wurden im gleichen Zeitraum immerhin 500.000 Schönheitsoperationen vorgenommen. Die Angst vor dem Messer scheint auch hier nicht sehr ausgeprägt zu sein. Keine Überraschung in einem Land mit einer gen Bedeutungslosigkeit neigenden Quote von Schwangerschaftsabbrüchen mit Mifegyne? Mark Ehrlich, ein Chirurg aus New York, vertraute der Vogue an, kosmetische Eingriffe hätten „wegen gesunkener Verletzungsgefahr, effektiveren Schmerzkontrollen und kürzeren Heilungsphasen ihren Schrecken verloren“. Alles wird gut, alle werden schön.

Über das richtige Prozedere wird allerdings auch weiter gestritten. Grund zur Aufregung lieferte Anita Roddick, Gründerin der Naturkosmetik-Kette „Body Shop“, auf dem Literaturfest im britischen Cheltenham. Dort demoralierte sie, so die Daily Mail, ihre ZuhörerInnen mit der Botschaft, industrielle Faltencremes seien „völliger Unsinn“. Auf dem ganzen Planeten gäbe es „nichts, was dreißig Jahre Ehestreit und vierzig Jahre Umweltverschmutzung wieder gutmachen könne. Man tut besser daran, sich für das Geld eine Flasche guten Weins zu kaufen.“

Will Frau Roddick nun auf Alkoholika umsatteln? I wo! Um die samtige Haut reifer Damen aus der Südsee zu erzielen, so die millionenschwere Geschäftsfrau, genüge es, sich regelmäßig mit Schweineschmalz einzureiben. Oder – selbstredend – mit Body-Shop-Produkten. Ein Glück!

Eine noch verheißungsvollere Variante der Schadensregulierung ließe sich womöglich aus indonesischen Meldungen entwickeln. In Jakarta nämlich werden defekte Autos in der Autowerkstatt „Blitar Sons“ ganz ohne Werkzeug repariert, sondern nur durch Geisterzauber. Der Kunde liefert sein schadhaftes Auto ab und erhält es gegen umgerechnet siebzig Mark binnen weniger Stunden heil zurück. Der Zauber, „magisches Klopfen“ geheißen, kann nur von Einwohnern der ostjavanischen Stadt Blitar ausgeführt werden und folgt einer Reihe seltsamer Regeln: Wer sein Auto an seinem Geburtstag behandeln lässt, riskiert „exakt den selben Schaden wenige Tage später erneut“.

Als geistheilender Schönheitssalon wären die Söhne Blitars bestimmt ein noch größerer Renner – selbst und vor allem an Geburtstagen! REINHARD KRAUSE