Energiesparer stehen unter Strom

Die Bundesregierung will den Energiebedarf in Häusern massiv reduzieren. Unterstützung beim Kesselflicken ist schon unterwegs. Die Mietrechtsreform geht allerdings an der Berliner Situation vorbei, hier wird kaum mit Strom geheizt. Ein Energiepass soll künftig Transparenz schaffen

von OLIVER VOSS

Energieeinsparpotenzial ist ein tolles Wort, bei einem Volumen von 30 Prozent wird es glatt noch toller. Die Rede ist von der Reduzierung des Energiebedarfs in Gebäuden, und ebendort sieht die Bundesregierung ein Energieeinsparpotenzial von 30 Prozent. Umgesetzt werden soll das Sparvorhaben mit einem ganzen Maßnahmenpaket. Ein erster Schritt war der im Juli verabschiedete Entwurf zur Mietrechtsreform. Das Gesetz tritt nächstes Jahr in Kraft und soll umweltbewusstes Verhalten stärker fördern.

„Das sehe ich nicht“, sagt jedoch Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. Die Abrechnung der Betriebskosten soll künftig verbrauchsabhängig erfolgen und damit transparenter werden. Alles nichts Neues, kritisiert Vetter, in der Praxis würden die Neuerungen schon lange angewandt. Es gibt zwar Erweiterungen in Detailregeln, doch keine neuen Erkenntnisse, sagt auch Christian Arns, Sprecher des Justizministeriums. „Es geht darum, dass die erreichten Standards in Umweltfragen im modernen Mietrecht auch mit drinstehen“, so Arns.

Zur geplanten Reduzierung von einem Drittel des Energieverbrauchs sind daher weitere Maßnahmen nötig. Kernstück ist dabei die Energieeinsparverordnung. Auch ein tolles Wort, aber mit EnEV gut abkürzbar und auch inhaltlich praktikabel, sagt beispielsweise der BUND. Das Regelwerk soll die zwei bestehenden Wärmeschutz- und Heizanlagenverordnungen zusammenfassen sowie neue Grundlagen zur Berechnung des Energiebedarfs liefern. Dieser soll dann mit einem Energieausweis dokumentiert werden, sodass Gebäudenutzer wissen, mit welchem Verbrauch sie zu rechnen haben. Der BUND fordert zwar Nachbesserungen der Verordnung, vor allem jedoch deren rasche Verabschiedung. Wirklich neu sind die Vorhaben nämlich nicht, schon die alte Bundesregierung hatte die Novellierung samt dreißigprozentiger Senkung des Energiebedarfs im Programm. Die Umsetzung der Vorhaben scheiterte bisher am Widerstand der Stromlobby, sagt Klaus Traube, energiepolitischer Sprecher des BUND. Besonderer Streitpunkt ist das Heizen mit Strom, denn um eine Einheit zu erzeugen, muss das Dreifache an Primärenergie wie Öl, Gas oder Kohle aufgewendet werden. Diese Berechnungsweise des tatsächlichen Energiebedarfs soll in der neuen Verordnung Eingang finden. Dagegen sträubt sich die Stromwirtschaft und findet Unterstützung im Wirtschaftsministerium. Auf dem Berliner Wohnungsmarkt sieht man diesen Streit mit Gelassenheit. Die Wohnungen werden jeweils zu rund einem Drittel mit Fernwärme, Gas und Heizöl beheizt, Elektrizität macht keine zwei Prozent aus. Enorme Verbesserungen im Energiesparbereich wurden in den letzten Jahre gerade im Ostteil erzielt. Doch der Wärmeschutzstandard ist noch immer „relativ schlecht“, sagt Peter Wollschläger, Leiter des Bereichs Sanierung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Der Anreiz zum Energiesparen wirkt nicht richtig“, bemängelt er und sieht auch in den Mietrechtsänderungen „kein ausgereiftes Instrument“. Wollschläger bezeichnet dagegen den Energiepass als „gute Sache“, da Verbrauch und Nutzen von Sparmaßnahmen damit durchsichtiger würden.

Doch noch ergehen sich Umwelt-, Wirtschafts- und Bauministerium in einer Feilscherei um die endgültigen Primärenergiefaktoren in der EnEV. Die Verabschiedung der Verordnung lässt somit auf sich warten, ein „Skandal“, wie BUND-Energieexperte Klaus Traube meint. Wenigstens dessen Forderung, Zinsersparnisse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen für Energiesparprogramme zur Verfügung zu stellen, wurde inzwischen erhört. Teilweise wenigstens, denn mit dem „Zukunftsinvestitions-Programm“ der Regierung werden in den nächsten drei Jahren 500 Millionen DM zur Modernisierung von Heizkesseln bereitgestellt.