Solar Wert schöpfen

Aktien der Solarfirmen haben seit Jahresbeginn zugelegt. Mit steigendem Ölpreis nehmen viele die Anlage in erneuerbare Energien erstmals wahr

von BERNWARD JANZING

Die Entwicklung war absehbar, allein ihr Tempo hat überrascht. Kaum haben steigende Ölpreise unmissverständlich deutlich gemacht, dass die fossilen Energien begrenzt sind, schießen an den Börsen die Solaraktien in die Höhe, während andere stagnieren oder gar kräftig verlieren.

Wer ernsthaft an die Zukunft des Solarstroms glaubte und entsprechend investiert hat, dem bringt heute jeder Schub beim Ölpreis ein Plus im Aktiendepot. Die Freiburger Solarstrom AG beispielsweise ist seit Jahresbeginn von vier auf 13 Euro geklettert, die Berliner Solon AG im gleichen Zeitraum von knapp über vier auf annähernd 20 Euro, und auch die Bonner Solarworld AG liegt heute fast fünfmal so hoch wie zu Jahresbeginn. Dass diese Entwicklung nicht allein ein deutsches Phänomen ist, zeigt die Entwicklung der amerikanischen Firma Astropower, die im vergangenen Dreivierteljahr ihren Aktienkurs ebenfalls mehr als verdreifachen konnte.

Natürlich wurde die Entwicklung in Deutschland auch durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz forciert, mit dem seit April verlässliche und attraktive Rahmenbedingungen für Ökostromerzeuger geschaffen wurden. Doch in der Branche ist unbestritten, dass die Ökoaktien von steigenden Rohölpreisen kräftig profitieren. „Natürlich hat der Boom der Solaraktien mit den Ölpreisen zu tun“, sagt Dirk Görlich, Sprecher der Solon AG. Große Teile der Presse hätten die erneuerbaren Energien in jüngster Zeit „erstmals als wirkliche Alternative begriffen“ und damit eine Diskussion angefacht, von der die ökologisch orientierten Unternehmen profitieren.

Befürchtungen, ein kurzfristig fallender Ölpreis könnte die Kurse der Solarbranche wieder schwächen, hält Görlich für unbegründet. Der „Lerneffekt“ sei von Dauer. Ein möglicher Preisrückgang beim Rohöl sei nur ein vorübergehender, und das wüssten auch die Anleger: „Viele Investoren haben jetzt erkannt, dass die Solarenergie eine große Zukunft hat.“ Sie hätten sich daher „nachhaltig auf diese Branche fokussiert“.

Neben den Einflüssen des Weltmarktes sind es aber auch zumeist solide Strategien, von denen die Solarunternehmen nun an den Börsen profitieren. Kooperationen und Firmenkäufe sind inzwischen auch in dieser Branche üblich. Gleich mehrere Unternehmen haben das Ziel im Auge, zum umfassenden Solarkonzern zu werden.

Die Solarstrom AG (S.A.G.), die große Photovoltaikanlagen errichtet, um den Strom an ökologisch orientierte Kunden zu verkaufen oder entsprechend dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ins Netz einzuspeisen, hat daher kürzlich das Installationsunternehmen Solare Energiesysteme, SES, aufgekauft. In enger Anbindung zur Solarfabrik, in dessen Räumen die S.A.G. untergebracht ist, haben die Freiburger damit einen großen Teil der Wertschöpfungskette unter einem Dach vereint: Die Solarfabrik stellt die Module her, die von der SES im Auftrag der S.A.G. auf den Dächern installiert werden. In Kooperation mit namhaften Unternehmen unterschiedlicher Branchen gelingt es der S.A.G. immer wieder, ihre Projekte öffentlichkeitswirksam zu vermarkten. Jüngstes Beispiel: 20 Gebäude der Baumarktkette Obi sollen mit Solaranlagen von zusammen einem Megawatt ausgestattet werden, die erste wurde im Oktober in Berlin installiert. Slogan der S.A.G.: „Wir versprechen nicht das Blaue vom Himmel. Wir machen Strom daraus.“

Auch die Solarworld AG ist auf dem besten Weg zum Solarkonzern. Erst kürzlich hat sie die Freiberger Firma Bayer Solar übernommen, die einst als Tochter des gleichnamigen Chemiekonzerns gegründet wurde. Das sächsische Unternehmen ist Europas größter und Deutschlands einziger Produzent von Siliziumwafern mit einem Weltmarktanteil von mehr als 20 Prozent. Bis Ende 2002 will das Unternehmen die Produktionskapazität von derzeit 32 Megawatt verdreifachen und auf 100 Megawatt ausbauen. Zudem hält Solarworld auch Anteile am Windkrafthersteller Fuhrländer und ist Mehrheitseigner der Gällivare PhotoVoltaic (GPV), die am nördlichen Polarkreis in Schweden ansässig ist und dort Hochleistungsmodule für den Weltmarkt erzeugt. Bei Solarworld (Werbeslogan: „Sonne – Energie vom Chef selbst“) fand ein erster Kurssprung bereits im Februar statt, als bekannt geworden war, dass Bill Gates Aktien der Firma erworben hatte. Die jüngste Entwicklung, die Solarworld auf Werte um 70 Euro emporbrachte, verdankt das Unternehmen nach Einschätzung von Firmensprecher Vincent Mainzer auch den Rohstoffmärkten: „Die Ölkrise hat sich sehr positiv bemerkbar gemacht.“

Ein weiterer Spieler auf dem Solarmarkt ist die Berliner Firma Solon AG, die inzwischen mit der Konstanzer Firma Sunways kooperiert. Diese hat in enger Zusammenarbeit mit der Universität Konstanz die Power-Solarzelle entwickelt, die erste transparente Solarzelle. Sie ermöglicht durch 20-prozentige Lichtdurchlässigkeit und flexible Farbgestaltung ganz neue Wege in der Architektur. So hat die Solon AG gerade im japanischen Hiroshima auf dem Hauptquartier einer großen Firma eine Solaranlage gebaut, deren Module das Firmenlogo in Farbe präsentieren. Es ist dies für Solon zugleich der Einstieg in den asiatischen Markt.

Bei den guten Perspektiven der Branche setzen auch Ökofonds gern auf die Solarfirmen. Im Ökovision der Ökobank, der von der Bank Sarasin in Basel gemanagt wird, ist Solarworld mit derzeit 3,2 Prozent vertreten, Astropower mit 4,7 Prozent. Außerdem ist auch der Solarmodulhersteller Kyocera darin enthalten. Auch andere Umweltfonds, wie der Oekosar der schweizerischen Bank Sarasin, setzen auf die deutschen Solaraktien.

Andreas Knörzer von der Basler Bank Sarasin kann die Solaraktien für Investoren, die langfristig planen, allesamt empfehlen. Denn bei der Solarenergie sei eine Entwicklung zu erwarten, wie sie beim Mobiltelefon vor etwa zehn Jahren begonnen habe. So sei etwa Astropower ein „verlässlicher, guter Anbieter“, und auch Solarworld sei ein „interessantes Unternehmen“. Wer die Performance über einen kürzeren Zeitraum, etwa ein Jahr, im Blick hat, der sollte sich bewusst sein, dass die Werte dieser jungen Branche noch sehr volatil sind, also kurzfristig stark schwanken können. Deshalb rät Knörzer: „Einsteigen, wenn es mal Rückschläge gegeben hat.“ Wichtig aber sei auch hier, wie bei Aktien allgemein: „Nicht alles auf ein Pferd setzen.“ Die Photovoltaik im Depot lasse sich durch andere erneuerbare Energien – „wie etwa die Windkraftanbieter Vestats oder NEG Micon“ – hervorragend ergänzen.